Hammer-Mord Hammer-Mord: Mörderische innere Stimme
DESSAU-ROSSLAU/MZ. - "Ich bin keinschlechter Mensch. Ich habe nicht gewollt,wie es kam." Der schlanke Mann neben VerteidigerMarco Bennewitz wirkt nicht so, als wollteer vor der 6. Strafkammer des LandgerichtsDessau-Roßlau um Gnade flehen. Eher formulierter eine sachliche Feststellung. Dazu jetztüberhaupt in der Lage zu sein, ist wohl bereitsein großer Fortschritt. In den Abendstundendes 11. Dezember 2009 hatten den 34-Jährigenganz andere Dinge beherrscht, als er seinehilflose Mutter tötete.
"Damals erreichte eine stetig nach unten führendeSpirale den Boden", meint sein Anwalt. Seitlängerem von jeder anderen sozialen Bindungabgekapselt, habe sich in dem Gräfenhainichenerein Wahnbild aufgebaut. Innere Stimmen gehörtendazu. Sie befahlen dem Mann letztlich, seinepflegebedürftige Mutter zu töten. "Mensch,mach’ die Alte weg!" sollen die Stimmen ihmaufgetragen haben. Es sei dabei um die Erlösungder Frau von ihren Leiden gegangen.
Diese so genannten imperativen Mandate vernehmend,sagt Oberstaatsanwalt Hermann Josef Gerhards,habe sich der Beschuldigte seiner schlafendenMutter, mit der er das Haus bewohnte, genähert,ihr ein Handtuch über den Kopf gelegt undihr mit einem Hammer mindestens sechs tödlicheSchläge versetzt.
Dr. Dankwart Stiller, der in der Rechtsmedizindie Obduktion vornahm, spricht von einer ausgedehntenZerstörung des Schädelknochens. Die darausresultierende Hirnverletzung führte zum Todder Frau, deren Körperausdünstungen ihr Sohnfür sich und seine Umgebung als schier unerträglicheinstufte. "Würden wir uns in einem Antragsverfahrenbefinden, wäre es Mord", hebt Gerhards hervor.Weil aber der Sachverständige Dr. Hubert Beckerin seinem unter Ausschluss der Öffentlichkeitvorgetragenen Gutachten überzeugend nachweist,dass der gebürtige Dessauer zum Tatzeitpunktunter einer krankhaften "halluzinatorisch-seelischenStörung" litt, war von einem Handeln im Zustandder Schuldunfähigkeit auszugehen.
Somit hat das Schwurgericht unter dem Vorsitzvon Manfred Steinhoff in dem Sicherungsverfahrenzu entscheiden, ob der umfassend geständigeGräfenhainichener, der den Leichnam in einerAbwassergrube auf dem Grundstück abgelegtund mit Tannennadeln und Briketts bedeckthatte, in einem psychiatrischen Krankenhausuntergebracht werden muss. Diese Anordnungergeht später nach recht kurzer Beratung.
Eine Begründung sei für die Kammer in demFall nicht schwer, führt Steinhoff aus. VomSachverständigen sei plausibel dargelegt worden,dass die Psychose noch nicht ausgeheilt sei.Vernünftigerweise sehe das Gesetz bei einersolchen Konstellation einer keineswegs auszuschließendenWiederholungsgefahr vor, einen Beschuldigtenpsychiatrisch unterzubringen. Dass der Aufenthaltdes Täters in der Psychiatrie dauerhaft notwendigsein wird, glaubt die Kammer im Übrigen nicht."Sie erscheinen uns auf dem Weg der Besserung.Ein Neuanfang wäre wünschenswert", stelltSteinhoff fest. Die Einweisung in die Psychiatrieist sofort rechtskräftig.
Bis es zu einer Besserung komme, werde jedochein weiter Weg zurückzulegen sein, macht VerteidigerBennewitz geltend. Sein Mandant befinde sicherst am Beginn der Aufarbeitung der Tat, derenAufdeckung der Mitarbeiterin eines Pflegediensteszu verdanken war. Die Frau hatte das Fehlendes Opfers eines Morgens bemerkt und den widersprüchlichenAngaben des Sohnes misstraut.