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Gymnasiasten beweisen gutes Gespür für Heldin

Von THOMAS STEINBERG 01.07.2009, 16:50

DESSAU/MZ. - Zweieinhalb Jahre Zuchthaus lautete das Urteil der Nazi-Richter gegen Elsa Körner, weil sie kommunistische Schriften erwarb. "Sie wusste, wie gefährlich das war."

Elsa Körner war zu DDR-Zeiten Namensgeberin einer Straße in Dessau-Siedlung, die zuvor Waldweg hieß und inzwischen wieder so heißt. Lisa-Maria, Schülerin der 9c am Philanthropinum, wohnt im Waldweg, in dem Haus, in dem einst Lisa Körner wohnte, deren Tochter, wie sie sagt, fast zur Familie gehörte. Und die Biographie jener Lisa Körner schien ihr geeignet, sie beim jüngsten Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten zu untersuchen. Thema: "Helden: verehrt - verkannt - vergessen". Für die gemeinsam mit Moritz Mandausch, Mandy Richter und Sarah Wittschonke geleistete Geschichtsforschung erhielten sie kürzlich auf Landesebene einen der sieben vergebenen Förderpreise, die mit je 100 Euro gewürdigt wurden.

Angeleitet von ihrer Geschichtslehrerin Renate Schulze begaben sich die vier auf Spurensuche und versuchten sich Klarheit über den stets problematischen Begriff des Helden zu verschaffen. Für Sarah ist klar: Ein Sportler kann kein Held sein, vielmehr hat, wie Mandy meint, auf diesen Titel nur Anspruch, wer Menschenleben rettet, und auch noch möglichst viele. So wie Chesley Sullenberger, jener Pilot, der vor einigen Monaten mit einem Passagierflugzeug im Hudson River notwasserte, nennt Moritz ein Beispiel. Anders als Lisa-Maria sehen sie in Elsa Körner keine Heldin, wohl aber eine mutige Frau.

Zumal sich bei den Recherchen im Stadtarchiv herausstellte, dass sich für eine im Umlauf befindliche Legende, Körner habe Flugblätter verteilt, keine Belege finden lassen. Zumindest in den Prozessakten ist an keiner Stelle davon die Rede.

Seinen alten Namen erhielt der Waldweg Anfang der 90er Jahre, und auch den Gründen für die neuerliche Umbenennung ist das Quartett nachgegangen. Sie befragen Joachim Volger, damals Stadtrat und als Vorsitzender des Stadtbildpflegeausschusses unmittelbar mit dem Thema vertraut. Es seien damals viele Briefe aus der Bevölkerung mit dringenden Umbenennungswünschen im Rathaus eingetroffen, man habe Für und Wider abgewogen; und tatsächlich erhielten viele Straßen neue - zumeist ihre alten - Namen. Allerdings räumte Volger in der Rückschau ein: An der einen oder anderen Stelle sei man wohl übers Ziel hinausgeschossen, würde heute bedachtsamer vorgehen.

Weder Mandy noch Moritz, weder Sarah noch Lisa-Maria können sich vorstellen, später einmal als Historiker zu arbeiten. Wenn es aber wieder einmal um die Teilnahme an einem Wettbewerb gehe, dann wären sie wohl wieder dabei.