Große Empörung Große Empörung: Waren die 39 gefällten Bäume im Dessauer Stadtpark nicht mehr zu retten?

Dessau - Der Stadtpark wird schmuck gemacht vor der Eröffnung des Bauhausmuseums. Dass aber 39 Bäume vom Stadtpflegebetrieb gefällt werden, hatte in sozialen Medien einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Zumal laut Bundesnaturschutzgesetz das Fällen von Bäumen zwischen dem 1. März und 30. September verboten ist.
Begründet wurden die Arbeiten von der Stadt mit der Wiederherstellung der Verkehrssicherheit. Die Bäume seien trocken, große Äste abgebrochen. Es gibt Pilzbefall. Die MZ hakte nochmals bei Stadt-Pressesprecher Carsten Sauer nach.
Wann und durch wen wurde festgestellt, dass die Bäume gefällt werden müssen?
Die Fällungen wurden während der regulären Baumkontrollen durch den zuständigen Baumkontrolleur festgelegt. Das war im April und Mai.
Konnten die Bäume wirklich nicht gerettet werden?
Der weitaus überwiegende Teil der Bäume war zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits vertrocknet oder befand sich im Absterben. 29 Bäume waren absterbend bis tot, vier Bäume wiesen sehr starke Trockenschäden aus. Ist das Holz einmal vollständig vertrocknet, kann der Baum nicht wieder austreiben. Andere Bäume wiesen so große Schäden auf, dass die Stand- oder Bruchsicherheit nicht mehr gegeben war.
Aber gegenwärtig sind Fällungen aus artenschutzrechtlichen Gründen verboten. Trotzdem wird die Säge angesetzt?
Deshalb war die Beantragung einer Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) erforderlich. Im Rahmen dieses Antrages wurden alle zur Fällung vorgesehenen Bäume durch die UNB aus Sicht des Artenschutzes nochmals besichtigt. Dabei wurde der Umgang mit jedem einzelnen Baum beurteilt und festgelegt. Im Ergebnis wurden eine Fällung verschoben und fünf Fällungen in Einkürzungen umgewandelt. Die Bäume werden in einen verkehrssicheren Zustand gebracht. Es bleibt nur ein Grundgerüst des Baumes stehen.
Was passiert mit den eingekürzten Bäumen?
Sobald die Gründe für den Artenschutz entfallen, die zu schützenden Arten also nicht mehr auf diese Bäume angewiesen sind, können die Bäume entnommen werden. Für fünf weitere Fällungen wurde eine Kontrolle/Beobachtung unmittelbar vor beziehungsweise während der Fällung festgelegt. Sollten während der Arbeiten Hinweise auf zu schützende Arten auftreten, wird der Baum lediglich eingekürzt. Die vollständige Fällung erfolgt nach Ende des Verbotszeitraumes.
Auch wenn die Trockenschäden sichtbar waren. Hätte man nicht dennoch abwarten können, ob sich die Bäume nicht doch noch erholen?
Vertrocknetes Holz kann nicht erneut zum Leben erwachen. Bei einigen Arten besteht die Möglichkeit des Stamm- oder Stockaustriebes. Selbst wenn der oberirdische Teil des Baumes fast oder ganz vertrocknet ist, kann der Baum aus sogenannten schlafenden Augen oder am noch lebenden Stammfuß neu austreiben. Aus fachlicher Sicht ist es jedoch kaum möglich, daraus einen stabilen, verkehrssicheren Parkbaum zu erziehen.
Haben die Fällungen bestätigt, dass die Bäume nicht mehr zu retten waren?
Die Schäden, die die Notwendigkeit einer Fällung begründen, zeigten sich zum Zeitpunkt der Kontrolle ebenso wie zum Zeitpunkt der Fällung. Die Beurteilung der Schäden erfolgte nach den Baumkontrollrichtlinien der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung und Landschaftsbau.
Welche Baumarten waren betroffen?
Im Stadtpark handelt es sich überwiegend um vertrocknete Eiben (Taxus bacata). Aber auch Ahorn, Linde, Schnurbaum, Buchsbaum, Zierapfel, Robinie, Hainbuche, Eiche, Buche, Birke, Fichte, Kirsche und ein Amberbaum sind betroffen.
Wie alt waren diese Bäume?
Betroffen sind leider Bäume aller Altersgruppen, von Jungbäumen, die vor wenigen Jahren gepflanzt wurden, bis hin zu einem Altbaum, einer Robinie. Wie alt Bäume werden können, variiert von Art zu Art. Die etwa 80-jährige Robinie ist schon sehr alt gewesen. Eine Eiche mit 80 ist dagegen noch relativ jung.
Wann gibt es Ersatzpflanzungen?
Beim Stadtpark handelt es sich um eine historische Parkanlage, die auch den Bestimmungen des Denkmalschutzes unterliegt. Für die Ersatzpflanzungen ist eine Planung notwendig, um die historischen Parkstrukturen zu erhalten oder wiederherzustellen. Die Mittel werden in der Haushaltsplanung der Stadt angemeldet.
(mz)
Der Dessauer Stadtpark erstreckt sich über eine Fläche von etwa acht Hektar in der Dessauer Innenstadt. Erste Belege über die Nutzung des Areals reichen bis ins Jahr 1475 zurück. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden hier zwölf Gärten gezählt.
Ab 1742 entstand hier der Erbprinzengarten zwischen dem Palais Eugen in der Kavalierstraße und der Dessauer Stadtmauer. Auf Anregung von Fürst Franz von Anhalt-Dessau ließ sein Baumeister Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff ab 1792 den Garten jenseits der Stadtmauer erweitern und mit klassizistischen Kleinarchitekturen verschönern.
Nach Abriss des Herzoglichen Palais 1927 wurde der Zugang zum Palaisgarten frei für die Bürger. Der Garten wurde umgestaltet. Beim Luftangriff auf Dessau 1945 wurde die Gartenanlage stark zerstört. Fünf Jahre später begann die Wiederherstellung. Erst um 1980 war die Neugestaltung des Stadtparks abgeschlossen. Ab 2007 begann der Wandel der Anlage zu einem Interkulturellen Mehrgenerationenpark.
