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Goethe-Gymnasium Roßlau Goethe-Gymnasium Roßlau: Zu wenig über die Ereignisse geredet

Von Ina Otto 14.09.2001, 16:04

Roßlau/MZ. - Punkt zwölf Uhr schlugen gestern die Kirchenglocken und mahnten auch die Roßlauer Bürger, in drei Schweigeminuten der Opfer der Terroranschläge in den USA zu gedenken. Am Pausenhof des Goethe-Gymnasiums stand eine Traube von rund 20 Schülern, die schweigend in die Flammen von Kerzen blickten.

In Eigeninitiative hatte am Donnerstag abend die Zwölftklässlerin Annemarie Gramsch diese Gedenkminuten der Gymnasiasten organisiert. Mit einer Ketten-SMS und Flugblättern rief sie ihre Mitschüler auf, ebenfalls Solidarität mit den Terroropfern und ihren Angehörigen zu üben.

Dafür wurde sie jedoch gestern von der Schulleitung zunächst zur Rechenschaft gezogen, wie sie berichtet. "Man hat gesagt, dass wir uns nicht hier versammeln dürfen, weil diese Demonstration nicht von der Schulleitung genehmigt sei", schilderte Annemarie Gramsch die Reaktionen einiger Lehrer auf die Ansammlung, die letztlich aber doch stattfinden durfte.

Nur wenige der Lehrkräfte beteiligten sich gestern auf dem Pausenhof an den Schweigeminuten, zu denen die Europäische Union aufgerufen hatte. Einige Klassenleiter waren jedoch mit ihren Schülern in der evangelischen Kirche zum Gottesdienst und deshalb nicht auf dem Schulhof zugegen.

Auch sonst seien die Reaktionen der Lehrer an diesem Gymnasium auf die Terroranschläge sehr zurückhaltend gewesen. Nur wenige, sagten Annemarie und einige Mitschüler, hätten sich im Unterricht die Zeit genommen, das Geschehene zu kommentieren und darüber zu reden. Wenigstens im Ethikunterricht hätten sie das erwartet. "Doch da haben wir am Mittwoch einen Test geschrieben, statt zu reden", berichten mehrere Zwölftklässler.

"Andere Schulen haben sich einen Kopf darum gemacht, haben sich auf den Schulhöfen zusammengefunden und getrauert. Aber unsere Schulleitung hat sich gar nicht dazu geäußert", kritisiert Annemarie und fragt sich, warum man die Schweigeminuten am Mittwoch nicht zusammen auf dem Schulhof hätte verbringen können, statt einzeln in den Klassen, "die Stifte wegzulegen, weil es eben bundesweit so beschlossen wurde".

Die MZ hat versucht, die Schulleitung zu erreichen, was gestern jedoch nicht mehr gelang.