Glücklich mit Nadel und Faden Glücklich mit Nadel und Faden: Dessauerin erfüllt sich mit Kreativwerkstatt einen Traum

Dessau - Die Nähmaschine surrt unentwegt. Feierabend? „Den verpasse ich glatt“, lacht Doreen Falkenberg. Doch sie weiß einen verständnisvollen Mann an ihrer Seite. Denn noch liegen verschiedene Zuschnitte auf Tischen und in Regalen. Wie das Äffchen in seinen Einzelteilen. Zu einem Ganzen muss es erst noch werden, damit die Schneiderin es mit vielen anderen selbst hergestellten Dingen anbieten kann, wenn der Weihnachtsmarkt in der Marienkirche öffnet.
Falkenberg ist mit Herz und Seele Schneiderin. „Meine Mutti hatte früher viel genäht für uns“, erzählt die 47-Jährige. „Und ich bekam mit Zwölf meine erste Kindernähmaschine - zu Weihnachten.“ Die Augen der Frau leuchten. Puppensachen habe sie zuerst genäht. Später auch Sachen für sich und ihre Freundinnen.
Wenn es zur Disco ging, dann hatte sie immer etwas Neues an, lacht die Dessauerin. Dass sie auch beruflich zu Schere, Nadel und Faden griff, war für sie ganz selbstverständlich. Bei Pelz-Jovy, einer Dessauer Institution, lernte sie Pelznäherin und Staffiererin. „Das war mein Traumberuf“, der aber durch die Wende 1990 bald für sie ohne Zukunft war.
Handgefertigtes ist seit einigen Jahren wieder gefragt
Mit einem An- und Verkauf war sie selbstständig, hat später an einer Tankstelle gearbeitet und auch als Verkäuferin - genäht hat sie immer in der Freizeit. Sie hatte sie einen kleinen Online-Shop eröffnet und war viel auf Kreativmessen unterwegs: Dessau, Dresden, Chemnitz, Leipzig, Cottbus... Vor allem erinnert sie sich gerne an ein Wochenende vor fünf Jahren in Magdeburg: „Das war Wahnsinn.“
Der Boom, dass wieder Handgefertigtes gefragt ist, fing gerade an. Und für die Dessauerin stand spätestens da fest: Das ist das Metier, in dem sie sich wieder voll und ganz entfalten will. Die Welt der Stoffe ist die ihre. „Das ist keine Arbeit für mich“, sagt sie lachend, „hier bin ich glücklich.“
Ob Baumwolle, Leinen, Jersey, Fleece oder Frottee und Jeansstoff: „Hier kann ich mich ausleben“, sagt Falkenberg, die in ihrem Wohnhaus in der Karlstraße in einer kleinen Ferienwohnung mit Hilfe ihres Mannes „Doreens Kreativwerkstatt“ eingerichtet hat. „Das habe ich alles aus Erspartem aufgebaut“, schaut sie sich stolz um. Sechs Nähmaschinen, darunter Spezialmaschinen, stehen hier - „drei benutze ich davon ständig“.
Die Stoffe seien zu 95 Prozent Ökostoffe, keine Billigware
Spielzeuge aus Stoff, Kissen, Taschen, Deko, Hosen, Röcke, Jacken, Kleider... die Vielfalt, die Falkenberg aus den Stoffen zaubert ist groß. Die Stoffe seien zu 95 Prozent Ökostoffe, legt sie Wert, keine Billigware zu verarbeiten. „Nach dem Waschen sollen die Form und Farben ja erhalten bleiben“, sagt sie. Und sie weiß:, Produkte aus ihrer Werkstatt werden von Kunden mitunter viel kritischer beäugt als die von der Stange aus einem Laden.
Viele der Kleidungsstücke und Utensilien, die unter Falkenbergs Händen entstehen, sind selbst entworfen. Sie nimmt Kundenideen auf, kopiert aber nicht. „Natürlich kaufe ich auch mal Schnittmuster“, gibt sie zu , „und doch entstehen dann Sachen, die so keiner hat. Ich möchte immer etwas Besonderes machen - aus jedem Stück.“
Einladung zum gemeinsamen Basteln von Kränzen
Ihre Werkstatt, freut sie sich, hat sich inzwischen herumgesprochen, auch, weil sie Änderungsschneiderei anbietet. Jetzt vor Weihnachten musste sie aber auch Bestellungen ablehnen. Schöne Dinge zu nähen, die sie in der Marienkirche anbieten kann, das hat jetzt Vorrang.
Vor vier Jahren, erzählt die Dessauerin froh, war sie zum ersten Mal in der Marienkirche dabei. Schon vorher hatte sie versucht, dort einen Stand zu bekommen. „Das Ambiente ist zauberhaft“, schwärmt sie und weiß, wer dort hinkommt, ist meist gezielt auf der Suche nach Weihnachtsgeschenken. Unterstützung an ihrem Stand erhält Falkenberg durch ihre Freundin Heike Wasner. Diese stellt Kränze her - mit Stoffen von Falkenberg. Und wenn Kinder Lust haben, selbst kleine Kränze zu basteln, sind sie dazu eingeladen. (mz)
Zum mittlerweile 20. Mal lädt der Weihnachtsmarkt in der Marienkirche Dessau ein. Vom 11. bis zum 16. Dezember locken Händler, Kunsthandwerker und Künstler der Region mit ihrem Angebot zum Besuch der Kirche und des mittelalterlichen Marktes davor und versprechen ein besonderes Adventsflair jenseits der Hektik. Geöffnet ist der Markt von Dienstag bis Sonnabend von 10 bis 20 Uhr und am Sonntag von 10 bis 19 Uhr.
