Getreideernte der Wulfener Agrargesellschaft Getreideernte der Wulfener Agrargesellschaft: Wintergerste vom Halm geholt
Köthen/MZ. - Dem Vorrüberfahrenden bot sich ein idyllisches Bild, wie sich die roten Riesen unter strahlend blauem Himmel durch das gelbe Korn fraßen. Nur eine leichte Brise ließ die Windräder am Horizont rotieren, sonst konnte es auf dem Feld schon brennend heiß werden.
Doch das störte die jungen Männer in den Erntekabinen kaum. Mit Klimaanlage und modernster Technik ausgestattet, ist die Arbeit auf einem Mähdrescher vom Typ Claas heute keine Knochenarbeit mehr, sondern eher eine Herausforderung an Technikfreaks. Aber es gehört auch Sachverstand dazu, um das reife Korn vom Halm zu holen. So galt es auf dem Schlag bei Kleinpaschleben zum Beispiel die unterschiedlichen Bodenverhältnisse zu berücksichtigen, die die Wintergerste hier sehr unterschiedlich reifen ließen.
Während auf dem leicht sandigen Acker in Richtung Drosa die Ernte schon abgeschlossen werden konnte, mussten auf den schwereren Böden in Richtung Kleinpaschleben noch einige Ähren auf dem Halm bleiben. Sie waren stellenweise am Boden noch grün. Doch einen Aufschub duldete die Ernte der Wintergerste an diesem Wochenende nicht mehr. "Wir sind schon viel später dran als in anderen Jahren", erklärt Martin Bringezu, Prokurist der Wulfener Agrargesellschaft. "Es gab schon Jahre, da waren wir im Juni mit der Ernte fertig".
In diesem Jahr, so schätzt Bringezu, werden die Erträge bei der Wintergerste um die 75 bis 90 Doppelzentner pro Hektar liegen. "Das wird eine gute Ernte." Eine Prognose, die aber auch ein ganzes Stück vom Wetter abhängt. Denn wenn das Korn jetzt nicht vom Halm kommt, macht Bringezu deutlich, liegt es beim nächsten Gewitterguss flach auf dem Boden. Und der war schließlich schon für den Samstagabend angekündigt.
Insgesamt 269 Hektar Wintergerste, 300 Hektar Raps, 270 Hektar Triticale und 600 Hektar Weizen haben die Wulfener Landwirte in den kommenden Tagen und Wochen auf den Feldern zwischen Diebzig und Köthen zu ernten. In Kürze soll auch die Kartoffelernte beginnen, erzählt Martin Bringezu.
Seit drei Wochen absolviert der 30-jährige Jungingenieur Daniel Cerny aus Hannover ein Praktikum bei der Wulfener Agrargesellschaft. Zusammen mit dem 23-jährigen Ronny Gmell und anderen jungen Leuten brachte er am Samstag die Getreideernte ein. "Auf so großen Schlägen in der Kolonne mit anderen Mähdrescherfahrern zu arbeiten, macht unheimlichen Spaß", sagt Cerny, "diese Größe gibt es bei uns zu Hause nicht."
In einer Breite von 7,50 Meter frisst sich das Schneidwerk des Mähdreschers vor Cernys Augen in das gelbe Ährenmeer. Nur mit 3,5 Stundenkilometern kommt der junge Mann stellenweise voran. "Das Getreide ist hier noch zu feucht. Die Trocknung wird das später wettmachen." Vier Abfahrer sorgen für den schnellen Transport der Körner zur Silo-Anlage von Wimex in Wulfen. Dort wird die Fuhre zunächst gewogen, dann wird eine Körnerprobe genommen. Uwe Meißner versieht hier am Samstagvormittag Dienst. Der Hänger, mit dem Fahrer Steffen Kunze auf die Waage rollt, hat 1370 Kilogramm geladen. Mit einem Maß voll Korn kommt Kunze ins Büro und geht zum Messautomaten, der zeigt wenig später eine Feuchte von 19 Prozent an. "Ideal wären bis 15 Prozent", erklärt Meißner. Dafür sind aber die anderen Daten, die er im Computer registriert, darunter Proteine und Hektoliter, zufrieden stellend. Die Trocknung kann beginnen.