Geschichte hinter DDR-Buch "Ede und Unku" Geschichte hinter DDR-Buch "Ede und Unku": Journalistin ist in Roßlau auf Spurensuche

Roßlau - Sie musste das Buch lesen wie Tausende Fünftklässler ihrer Generation im Osten. Und es hatte ihr, keine Selbstverständlichkeit für Schullektüre, gut gefallen.
Nur eines habe sie damals nicht begriffen, erinnert sich die heute nahe München wohnende Journalisten Juliane Wedemeyer heute. „Dass Unku wirklich gelebt hatte.“ Für kurze Zeit auch in Roßlau. Vor einigen Wochen war Wedemeyer dort, um für ihr Buch über Unku zu recherchieren.
"Ede und Unku" erschien schon im Jahr 1931
„Ede und Unku“, ein Jugendroman, erschien 1931 im kommunistischen Malik-Verlag. Die Autorin Grete Weißkopf veröffentlichte das Buch unter dem Pseudonym Alex Wedding und erzählt darin die Abenteuer des Berliner Arbeiterjungen Ede und des Sinti-Mädchens Unku unterhaltsam und spannend und mit viel linker Moral garniert.
In einem später verfassten, etwas betulichen Vorwort, erklärt Weißkopf, Unku und ihre Familie gekannt zu haben, jedoch über ihren Verbleib nichts zu wissen. Aber: „Ich fürchte, meine Zigeunerfreunde sind nicht mehr am Leben. Die Hitler-Barbaren haben Juden und Zigeuner verjagt, vergast und erschossen…“
Schriftstellerin lag mit ihren düsteren Ahnungen richtig
Dass Weißkopf mit ihrer düsteren Ahnung richtig lag, sollte sich später bewahrheiten. Unku, eigentlich Erna Lauenburger, wurde 1943 in Auschwitz umgebracht. Sie war gerade 23.
Wedemeyer schreibt ihr Buch zusammen mit Janko Lauenburger, einem entfernten Verwandten Unkus, auf den sie bei den Recherchen für einen Artikel über Sinti und Roma für die Süddeutsche Zeitung gestoßen ist.
Sie war dabei auch auf einen am Dessauer Alternativen Jugendzentrum entstandenen Film aufmerksam geworden: „Was aus Unku geworden ist“. Akribisch unter Leitung von Jana Conrad recherchiert, schildert die 35-minütige Dokumentation unter anderem den kurzen Aufenthalt der Lauenburgers im Roßlauer Triftweg, bevor sie nach Magdeburg zwangsumgesiedelt wurden.
Rekonstruktion dank eines Roßlauer Fotografen
Dass sich diese Zeit rekonstruieren lässt, liegt nicht zuletzt an dem Roßlauer Fotografen Hanns Weltzel. Er ging immer wieder in das „Zigeunerlager“ und fotografierte die Menschen mit offensichtlicher Empathie - was ihn nicht hinderte, seine genealogischen Forschungen den Nazis zu überlassen. Seinen Nachlass sichteten Wedemeyer und Lauenburger in Liverpool, wo er an der dortigen Uni verwahrt wird.
Für Wedemeyer ist es ihr erstes Buch
Für Wedemeyer ist das Buch über Unku ihr erstes, bislang hat sie vor allem Reportagen für Tageszeitungen geschrieben. Und obwohl Unku schon mehrfach Gegenstand von Artikeln und einer Doku war, glaubt Wedemeyer, dass deren Geschichte immer noch nicht komplett erzählt und ihr mit Janko Lauenburger verfasstes Buch das Porträt einer deutschen Sinti-Familie werde. Läuft es nach Plan, erscheint das Buch im März nächsten Jahres. (mz)
