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Gefühl für Medizin in Langer Nacht erhalten

Von HEIDI THIEMANN 30.08.2009, 17:48

DESSAU/MZ. - "Man merkt zwar eine Einschränkung", erzählt Sandra Reichenbach und schaut auf ihren linken Arm, "doch ich wollte mal das Gefühl haben, wie das so ist", sagt die Studentin von der Hochschule in Bernburg lachend. Denn gebrochen ist ihr Arm ebenso wenig wie der von Freundin Stefanie Hausmann. Auch die angehende Erzieherin trägt einen Gipsarm. Und später können beide diesen auch alleine wieder loswerden. Wie das gemacht wird, steht auf einem Zettel, den jeder "Eingegipste" erhält.

Ein Gefühl für Medizin, das vermittelte das Dessauer Klinikum am Freitag allemal. Über 5 000 Besucher nutzten die Gelegenheit, kamen zur "3. Langen Nacht", in der ab 20 Uhr die Kliniken und Institute die Türen weit geöffnet hatten, zu Führungen und Demonstrationen einluden und einen Einblick in Forschung und Wissenschaft boten. Auch viele Partner, wie das DRK, der Hubschraubersonderdienst Oppin (der zwischendurch zu einem Einsatz nach Helbra gerufen wurde), die Berufsfeuerwehr und viele andere machten den Abend zum Erlebnis. Doch dieses Mal hieß es, sich für eine der Führungen ab 19 Uhr Karten zu sichern, weshalb die staunende Verwaltungsdirektorin Gabriele Süßmilch schon ab 18 Uhr die ersten Gäste im Haus ausgemacht hatte.

Auch Sandra Reichenbach und Stefanie Hausmann wollten gerne eine Führung erleben. "Doch leider waren die Pathologie und der Kreißsaal schon ausgebucht", erzählen die jungen Frauen. Bereut haben sie ihr Kommen dennoch nicht. "Es ist doch einmalig, was das Dessauer Klinikum bietet", sagen sie und sind im nächsten Augenblick schon im Trubel auf den Klinikgängen untergetaucht.

"Guck mal, so sieht es aus, wenn du Bronchitis hast", erzählt eine Oma ihrem achtjährigen Enkel. Staunend stehen beide in einem riesigen Modell einer Lunge. Die füllt in jedermann den größten Teil des Brustkorbes aus und bewegt sich am Tag rund 20 000 Mal. Zwölf bis 18 Atemzüge pro Minute macht jeder Mensch im Durchschnitt. Was wichtig ist, um den Körper mit Sauerstoff zu versorgen. Andererseits wird Kohlendioxyd abgegeben. Das fünf Meter lange Lungenmodell macht die Lungenfunktion anschaulich. Krankheiten werden nicht ausgespart: Bronchitis, Asthma, Lungenentzündung bis hin zu Lungenkrebs. Und auch Raucher erhalten eine Vorstellung, wie ihr wichtiges Organ wohl aussieht...

"Fünf-Nuller-Seide bitte" - Fans von Krankenhausserien haben den Spruch schon öfter gehört. Papuna Tsirekidze muss über das "Vorwissen" schmunzeln. Der Arzt in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie bietet einen "Nahtkurs" an. Fasziniert schauen ihm Neugierige über die Schulter, wie Nähte sicht- oder auch unsichtbar geschlossen werden. Nicht nur mit mit Nadel und Faden, sondern auch mit dem Tacker. Wer das probieren möchte: bitteschön.

Über die Schulter bzw. durchs Mikroskop sehen kann man gleich nebenan, wo Dr. Daniel Dobbert die Gelenkspiegelung erklärt. Gelenkersatz und Knochenbruchbehandlung spielen im nächsten Raum eine Rolle - und mancher Neugierige glaubt angesichts von Bohrmaschine, Schrauben und Platten in einer Baumarktabteilung zu sein. "Das ist auch richtiges Handwerk", findet Dr. Ralph Ludwig den Vergleich keinesfalls abwegig.

Haltung bewahren heißt es im nächsten Raum, wo Wirbelsäulenspezialist Dr. Jens Hasselbach über Operationen an Wirbelsäule und Bandscheibe Auskunft gibt und manchem auch den Rat mit auf den Weg, täglich Sport zu treiben, um die Rumpfmuskulatur zu kräftigen. Das könne einen Eingriff verhindern helfen. Und wenn doch eine OP unumgänglich ist? Dass im Klinikum Experten arbeiten, auch daran lässt der Arzt keinen Zweifel.

Und zweifellos wird dann das Blut der Patienten im Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik untersucht. Zig Hunderte Proben sind es, die täglich hier befundet werden, erzählt Veronika Große, Leitende Medizinisch-technische Angestellte bei der Führung durchs Labor: Einem Bereich, der sonst nur von Mitarbeitern betreten werden darf. Per Rohrpost erhalten die Mitarbeiter Anforderungskarten und Blutröhrchen. Und die werden dann im hochautomatisierten Bereich entsprechend bearbeitet. Intensivstation und Notaufnahme haben Vorrang, ebenso Proben von der Entbindungsstation.

Bei so viel Wissensvermittlung ist eine Ruhepause willkommen. In der Cafeteria locken leckere Desserts und Cocktails. Allesamt alkoholfrei. Das Klinikum zeigt auch hier, wie sehr ihm an der Gesundheit der Besucher gelegen ist.