Fußball-Fusion Anhalt und Wittenberg? Fußball-Fusion Anhalt und Wittenberg?: "Das löst nicht unser Problem"

dessau/wittenberg - Keine Punktspiele und auch keine Testpartien. Es ist Mitte Januar in der Fußballszene auf Kreisebene - üblicherweise schläfert da die Winterpause den Fußballbetrieb ein. Seit vergangenen Freitag aber ist das anders. Das Konzept der beiden Fußball-Kreisverbände Anhalt und Wittenberg, ab der Saison 2016/17 einen gemeinsamen Spielbetrieb durchführen zu wollen (die MZ berichtete), sorgt für reichlich Gesprächsstoff. Bis zum 30. Januar müssen alle Vereine ihr Votum abgeben. Wie das ausfällt, ist bei den meisten noch vollkommen offen.
Wie würde eine neue Fußball-Kreisoberliga Anhalt/Wittenberg nach den von den beiden Kreisverbänden geplanten Kriterien auf Basis der aktuellen Tabellenstände eigentlich aussehen?
Chemie Rodleben (Absteiger Landesklasse), Graf Zeppelin Abtsdorf (Absteiger Landesklasse), FSG Walternienburg/Güterglück (4. Anhalt), Zschornewitz/Muldenstein (6. Wittenberg), Grün-Weiß Annaburg II (7. Wittenberg), Grün-Weiß Dessau II (Aufsteiger Kreisliga Anhalt), Victoria Wittenberg (möglicher Aufsteiger Kreisliga Nord Wittenberg) ODER Rot-Weiß Kemberg II (möglicher Aufsteiger Kreisliga Süd)
Insgesamt würden aktuell aus dem politischen Kreis Dessau vier, aus Wittenberg neun und aus Anhalt-Bitterfeld drei Teams zu dieser Liga gehören. (tsc/tt)
„Vierzehn Tage sind auch nicht wirklich eine lange Zeit sich zu entscheiden“, sagt Christian Schmidt, Abteilungsleiter der SG Abus Dessau. Für ihn steht jedoch fest: „Dieser Plan löst unser grundsätzliches Problem nicht.“ Das bestehe weniger in der Anzahl der Mannschaften in der Region, als viel mehr in deren Personalstärke. „Es kommt immer öfter vor, dass Teams nicht komplett antreten oder gar Spiele absagen müssen.“
Die Lösung, unter Wahrung der eigenen Identität in eine Spielgemeinschaft zu gehen, habe jedoch nur begrenzten Charme. „Wenn es so wie jetzt in solch einer Konstellation unmöglich ist, als Spielgemeinschaft in die Landesklasse aufzusteigen, dann nimmt das doch einer Mannschaft völlig die Perspektive. Hier muss darüber nachgedacht werden, diese Regelung zu lockern.“
Vereine in der Pflicht
Doch auch die Vereine sieht Schmidt in der Pflicht: „Wir besitzen in Dessau nicht zu wenig Teams, sondern eher zu viele mit zu wenig Spielern. Wir müssen alle gemeinsam miteinander reden, auch über Fusionen.“ Die Zeit dafür wird kommen, glaubt Schmidt. „Aber noch ist der Schmerzpunkt bei vielen nicht erreicht.“
Auch bei Wittenbergs Kreisoberligist Blau-Weiß Nudersdorf ist prinzipiell noch offen, in welche Richtung das Pendel ausschlägt. „Wir stehen der ganzen Sache von vornherein nicht ablehnend, aber dennoch kritisch gegenüber“, meint Trainer Jens Stockmar, der eine gemeinsame Kreisoberliga als sportliche Weiterentwicklung sieht. In den vergangenen Jahren etwa sei der Kreismeister aus Wittenberg stets aus der Landesklasse abgestiegen. Stockmar kann davon selbst ein Lied singen. Andererseits sei es für kleine Vereine wie Nudersdorf ein enormer wirtschaftlicher Aufwand, in einer gemeinsamen Liga mitzuspielen.
„Wir bei Glückauf Möhlau sehen die Fusion eher kritisch“, sagt Hans-Jürgen Eiserfey, der als Firmenchef unternehmerische Gesichtspunkte ins Feld führt. Bei einer Fusion fielen auf beiden Seiten einige Kreisoberliga-Derbys weg, die bisher bei den Fans hoch in der Gunst standen. Dies sei nicht unbedingt ein Aushängeschild, um Sponsoren anzulocken.
Clubs fehlt das Geld
Fehlt den Clubs das Geld, laufen die Spieler weg und Vereinsgaststätten stehen vor dem Aus. „Ich sehe die Notwendigkeit nicht. Der Fachverband Wittenberg besitzt doch mit den beiden Kreisligen einen stabilen Unterbau“, so Eiserfey weiter, der es sich nicht vorstellen kann, dass zum Beispiel die Partie Walternienburg/Güterglück gegen Möhlau künftig scharenweise Fans hinter dem Ofen hervorlockt. Deshalb halte er viele im Vorfeld diskutierte Ansätze für konstruiert und nicht ergebnisführend.
Die Vorgehensweise der Verbände bezeichnet er als vorbildlich, fair und transparent. „Die Vereine haben Mitspracherecht und bekommen nichts von der Chefetage aufgezwungen.“ Trotzdem mehren sich die Stimmen, dass nicht die Kreisverbände im Einzelverfahren über die Zusammenlegung von Ligen entscheiden sollen - obwohl dies natürlich in ihrer Hoheit liegt - sondern der Landesverband grundsätzlich ein Konzept auf den Tisch packen soll, in welchen Grenzen unterhalb der Landesklasse im Land gespielt werden könnte.
„Keine schlechte Idee“, sagt Christian Schmidt. Eine mögliche Lösung wäre auch die Verkleinerung der Ligen auf Kreisebene. „Warum nicht mit 14 Mannschaften spielen, das stabilisiert das Ligensystem und gibt mehr Raum für Spielplanung und die Winterpause.“ (mz)