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Friedhofswesen Friedhofswesen in Dessau-Roßlau: Stadt will sich von mehreren Trauerhallen trennen

Von Annette Gens 18.04.2017, 13:00
Vor 20 Jahren wurde die Halle in Mühlstedt saniert.
Vor 20 Jahren wurde die Halle in Mühlstedt saniert. Sebastian

Dessau-Roßlau - Die Trauerhalle von Rietzmeck wird schon lange nicht mehr genutzt. 2012 wurde darin nicht eine einzige Trauerfeier abgehalten. Auch 2013, 14 und 15 wurde das Gebäude nicht gebraucht. Ähnlich sieht es auf anderen Friedhöfen aus. Das städtische Friedhofswesen verfügt über 19 kommunale Trauerhallen, fünf befinden sich auf kirchlichen Friedhöfen.

Zwei weitere sind in einem sehr schlechten Zustand. Da die Gebühreneinnahmen für die Nutzung der Trauerhallen seit Jahren schon nicht mehr alle Kosten decken, will sich der Stadtpflegebetrieb von einigen Gebäuden trennen. „Wir könnten uns vorstellen, die Gebäude unentgeltlich an die Kirchengemeinden zu übertragen. Oder an den jeweiligen Ortschaftsrat“, sagte Geschäftsführerin Sabine Moritz.

Allerdings müsste letzterer die Instandhaltung aus seinem Budget bestreiten. Nachstehend einige Eckpunkte aus der Beschlussvorlage für den Stadtrat und was Ortschaftsräte und die Kirche denken über die Maßnahme und das Geschenkangebot denken.

Welche Trauerhallen sollen geschlossen werden?

Die Schließung betrifft die kommunalen Trauerhallen auf den kirchlichen Friedhöfen in Brambach, Rietzmeck, Streetz, Mühlstedt und Sollnitz. Verhandelt werden soll mit dem jeweiligen kirchlichen Friedhofsträger über eine unentgeltliche Übertragung zum Januar 2018. Auch die Bewirtschaftung der Trauerhalle auf dem Kleutscher Friedhof soll zum 31. Dezember 2018 eingestellt werden.

Warum ist das aus Sicht der Stadt notwendig?

Die Gebühreneinnahmen für die Nutzung kommunaler Trauerhallen sind bereits seit Jahren nicht mehr kostendeckend, begründet Sabine Moritz. Besonders niedrig seien die Fallzahlen auf kirchlichen Friedhöfen.

Die genannten Gebäude hätten aber in den drei Jahren von 2017 bis 2019 einen Zuschussbedarf von rund 54.000 Euro. Andererseits könne der Unterhalt der Trauerhallen nur zu 59,9 Prozent aus Nutzungsgebühren gedeckt werden. Die restlichen 40,1 Prozent werden durch Quersubventionierung über die Grabstellengebühren refinanziert.

Auf den kommunalen Friedhöfen der Stadt wurden 2015 insgesamt 1038 Bestattungen durchgeführt. 488 Mal wurden Trauerhallen genutzt. Fast 70 Prozent der Nutzungen entfallen auf den Zentralfriedhof, gefolgt von Friedhof II Roßlau mit 13,7 Prozent und Friedhof III und Friedhof I zusammen 13,3 Prozent. Damit konzentrieren sich 81,9 Prozent aller Trauerfeiern auf nur fünf der nutzbaren 17 kommunalen Trauerhallen.

Was meinen die Ortschaftsräte?

Der Stadtpflegebetrieb stellte sein Vorhaben in den Ortschaftsratssitzungen Mühlstedt und Streetz/Natho vor. „Die Trauerhalle Mühlstedt wurde vor 20 Jahren saniert“, erinnerte Mühlstedts Ortsbürgermeister Dietmar Böhme, so dass in den letzten Jahren keine Kosten angefallen sein dürften. Denn kleinere Arbeiten habe der Ortschaftsrat erledigt.

Der Ortschaftsrat hat keine finanziellen Mittel, um die Halle zu übernehmen. „Ich kann das Vorhaben moralisch nicht verstehen“, sagte Böhme. „In Streetz/Natho ist die Entscheidung nicht hinnehmbar“, sagte Klaus Grünheidt, stellvertretender Ortsbürgermeister. „Uns wurde der Vorschlag unterbreitet, Trauerfeiern künftig in Meinsdorf oder Roßlau abzuhalten. Unsere Bürger wollen das nicht.“

Die Vorlage wird am 18. April im Ortschaftsrat Brambach vorgestellt. Ortsbürgermeister Gunnar Johannes: „Für mich ist der Erhalt der Hallen eine Pflicht dem Bürger gegenüber. Wir können die Menschen nicht im Regen stehen lassen.“ Johannes erinnerte daran, dass Brambach, Rietzmeck und Neeken mit 37 Euro Pro-Kopf-Verschuldung sich Dessau angeschlossen haben. „Jetzt sind es über 1.000 Euro - Dorf sollte man Dorf sein lassen“, fordert er.

Würde die evangelische Kirche die Trauerhallen geschenkt nehmen?

Die Kirchengemeinden in Mühlstedt und Streetz/Natho werden nichts geschenkt nehmen, da sich die Erhaltung der kirchlichen Friedhöfe ebenfalls nur durch erhöhte Aufwendungen erhalten lassen, verdeutlichte Pfarrer Jürgen Tobies für Mühlstedt und Streetz. Dass die Trauerhallen nicht wirtschaftlich betrieben werden können, habe seine Gründe.

Die Gebäude seien nicht mehr so notwendig wie früher, als es noch viele Erdbestattungen gab, aber keine Kühlmöglichkeiten. Heute würden mehr Urnen bestattet. Die Kirchengemeinden Mühlstedt und Streetz räumen schon länger die Möglichkeit ein, ihre Kirchen für weltliche Trauerfeiern zur Verfügung zu stellen. Vorausgesetzt, das christliche Bild leidet nicht darunter, betonte Kreisoberpfarrer Jürgen Tobies.

Wer wird wann in die Diskussion mit einbezogen?

Gesprochen wird über die Vorlage im Ortschaftsrat Sollnitz am 24. April, im Ortschaftsrat in Kleutsch am 2. Mai, im Betriebsausschuss Stadtpflege am 4. Mai.

Beschlossen werden soll sie voraussichtlich im Stadtrat am 21. Juni. Alle genannten Termine sind öffentlich. (mz)