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Fantastischer Festzug vom Theater zum Bauhaus Fantastischer Festzug vom Theater zum Bauhaus: Tausende auf roten Spuren

Von Carla Hanus 02.09.2001, 18:29

Dessau/MZ. - Ein Donnerschlag neben dem Gebäude des Anhaltischen Theaters beendete den lang anhaltenden Applaus für das Open Air des Musentempels. Feuerwerksdonner aus der entgegen gesetzten Richtung hielt dagegen und lockte die, welche eben noch amüsiert und gebannt Lortzings Singschule gelauscht hatten, in die Fritz-Hesse-Straße. Kinder an der Hand der Eltern, Ältere auf ihre Stöcke gestützt, Jugendliche ihre Fahrräder schiebend - alles drängte von einem Laserstrahl hypnotisiert angezogen in Richtung Bahnhof. Gespenstisch mutete es an, so wie der unerklärliche Zug der Lemminge, dieser kleinen possierlichen Tierchen, die sich eines Tages in Scharen auf den Weg machen, um ins Meer zu stürzen.

Doch zum Glück für Dessau hat die Stadt keinen Sackbahnhof. Sonst wären die vielen hundert Menschen, die den aufmunternden Klängen von "Sax''n Anhalt" und "Beat''n Blow" und der rauchigen Stimme aus der roten Flüstertüte in den Haupteingang des Bahnhof folgten, wie in besagtem Märchen für immer verschwunden geblieben. So aber tanzten, swingten und tippelten sie, weil ob der Menschentraube kein einziger längerer Schritt möglich war, durch die Halle und den rot beleuchteten Tunnel, um am Westausgang fast in ein schwarzes Loch zu fallen.

Doch die unvermutete Dunkelheit ließ Dessauer und Gäste in dem Zug nur einen winzigen Moment verharren, gerade so lange, dass ein roter Fußabdruck in Richtung Seminarplatz zu erkennen war. Dann stürzte der Menschenfluss in die damit angewiesene Richtung, um plötzlich freie Sicht auf elfengleiche rote und weiße Sternenmädchen unter den rot angestrahlten Bäumen und auf stählerne Ungetüme inmitten des dichten Gedränges auf der Straße zu haben.

Fasziniert beobachteten Kleine und Große das mystische Geschehen mit roten Sternen- und Flammenköniginnen, mit Drachen und Maschinenvögeln sowie einem großen geschlossenen Rad, das dem eines Hamsters ähnelte und in dem zwei rot gekleidete Menschen gefangen waren. Als dieses Rad schließlich zum Bauhaus rollte, tappten alle hinterher. Das Helmnot-Theater bereicherte den Zug vom Theater zum Bauhaus und ließ diesen, der inzwischen ebenso Tradition ist wie das Farbenfest an sich, zu dem wohl bisher schönsten werden. Das im kommenden Jahr zu überbieten, wird ebenso schwer wie die Antwort auf die Frage nach der Farbe des Jahres 2002: Gerhard Lambrecht, Leiter des Amtes für Kultur, Tourismus und Sport, tat geheimnisvoll: "Das Thema wird noch rechtzeitig bekannt gegeben." Drei Möglichkeiten gibt es: eine neue Farbe, eine schon genutzte Farbe oder gar keine Farbe, um möglicherweise in guter Bauhaus-Tradition ein "Metallenes Fest" zu feiern.

Am Bauhaus angekommen, war das Denkmal in tiefes Rot getaucht, funktionierte das Konzept der verschiedenen Veranstaltungsorte, weil dort Faszinierendes, Überraschendes und Spannendes geboten wurde und die Farbe Rot und die Assoziationen alles miteinander verband: Draußen wurde nach Salsa- und Samba-Rhythmen getanzt, die Performance des Rot-Licht-Milieus beobachtet, dem Klanggarten des Now-Ensembles gelauscht. Drinnen sorgten die Transsylvanians in der Mensa mit ihrem ungarischen Speedfolk für Stimmung, während DJ Anhoki die Leute in den Nordflügel lockte.

Bis weit nach Mitternacht tauchten tausende Besucher in das rot gewandte Weltkulturerbe ab - Walter Gropius hätte seinen Spaß gehabt.