Experten nehmen sich viel Zeit für jede Leser-Frage
DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Auf den Tag genau vor zwei Jahren verschmolzen die beiden Städte Dessau und Roßlau zu einer neuen Gebietskörperschaft. Am Mittwoch nun gibt sich die Doppelstadt Dessau-Roßlau ein weiteres äußeres Zeichen der Fusion: Der Personennahverkehr in Dessau und in Roßlau ist zusammengeführt zu einem gemeinsamen Verkehrs- und Tarifsystem. Ab Mittwoch gilt: Eine Stadt - ein Tarif.
Nachdem die Desauer Verkehrs GmbH (DVG) und die Müller Omnibusbetrieb GmbH & Co. KG über das gemeinsame Vorhaben informiert hatten (die MZ berichtete), das aktuelle DVV-Journal mit dem Amtsblatt an alle Haushalte verteilt war, nachdem die neuen Fahrpläne an den Verkaufsstellen an dies- und jenseitigem Elbufer in Umlauf waren, hatte die MZ-Lokalredaktion ein Leser-Telefon-Forum organisiert. Eine Stunde lang saßen DVG-Geschäftsführer Torsten Ceglarek und die Verkehrstechnologen Matthias Müller und René Hentschel an den Telefonleitungen.
Das Fazit im Anschluss fassen der DVG-Chef und seine "Fahrplanmacher" kurz zusammen: Ein überwiegend positiver Tenor. Der entsprach dem Trend, der sich in den vorangegangen zwei Wochen in der Geschäftsstelle oder in der Mobilitätszentrale abgezeichnet hatte. Fahrplanumstellungen aber bringen immer Fragen nach Details mit sich. Allerdings: "Wir hatten für das Forum mit noch mehr Fragen gerechnet."
Fragen zu Preisen und Fristen
So erkundigten sich die Leser ausdrücklich nach dem neuen Fahrpreis zwischen dem Stadtgebiet von Dessau und den Ortsteilen am nördlichen Elbufer. So ist für die Fahrt zwischen Meinsdorf und Dessau ein Kombi-Ticket zu lösen, das die Kernzone mit der Randzone verbindet, als Einzelfahrschein für zwei Euro zu haben, als Mehrfahrtenticket (fünf Fahrten) für neun Euro.
Mehrfach fragten die Leser nach den Übergangsfristen für die bisherigen, alten Fahrscheine. "Die Fahrscheine bleiben noch zwei Monate gültig", antwortet René Hentschel. Danach verlieren die Tickets ihre Gültigkeit. "Wer sich zu große Vorräte angeschafft hat, sollte die alten Fahrscheine an Verwandte und Bekannte verteilen. Denn Einzelfahrscheine werden nicht zurückgenommen", weist Ceglarek auf das Verfallsdatum hin.
Anders sieht es aus mit dem Umtausch von Jahreskarten. So hat beispielsweise eine Dessauer Leserin ihre Jahreskarte im März erworben, als die Tarif-Reform noch nicht absehbar war. Jetzt wiederum würde die Bus-Kundin auch das erweiterte Angebot für die größer gewordene Stadt nutzen wollen. "In der Mobilitätszentrale am Hauptbahnhof kann die Jahreskarte umgetauscht werden. Dort wird dann auch der Mehrkosten-Aufwand errechnet", beantwortet der DVG-Geschäftsführer diese Frage.
Abo-System als Tipp
Die Experten am Telefon nehmen sich für jede einzelne Frage Zeit zur detaillierten Auskunft. So können Zivildienstleistende Fahrscheine zum ermäßigten Preis erwerben. Für Vielnutzer von Straßenbahn und Bussen bietet das neue Tarifsystem mehrere Einsparmöglichkeiten. So zum Beispiel mit der Umweltmonatskarte, die ab der 21. Fahrt gegenüber dem Einzelfahrschein günstiger wird. Oder mit der Umwelt-Abokarte. Rund 800 Kunden nutzen derzeit bereits das Abo-System. Hier läuft die Zahlung per monatlichem Bankeinzug. Bequem für die Kunden, bequem für die Verkehrsbetriebe. Der Abo-Vertrag wird für zwölf Umwelt-Monatskarten abgeschlossen, die nach Hause zugeschickt werden. Die Ersparnis gegenüber dem Einzelfahrschein greift hier ab der 13. Fahrt.
Im neuen Fahrplan fiel aufmerksamen Lesern zweierlei auf: So macht das Format Sehbehinderten zu schaffen, erscheint der Busmüller-Fahrplan als zu klein gedruckt. "Im nächsten Monat wird der Fahrplan - bisher im A 5-Format erstellt - noch einmal im A 4-Format erscheinen", kündigt René Hentschel an. Überdies sei nicht an jeder Linie das Pictogramm vermerkt für die Nutzung für Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen. "Das ist jetzt verzichtbar geworden", schmunzelt Torsten Ceglarek. "Früher konnten wir für den Stadtverkehr stündlich einen 'bequemen' Bus garantieren. Jetzt wird für jede Fahrt ein Niederflurbus eingesetzt."
Hinweise für die Zukunft
Auch Anregungen bringen die MZ-Leser beim Forum mit den ÖPNV-Experten zur Sprache. So könne für eine größer gewordene Stadt durchaus überlegt werden, die zeitliche Nutzung des Tickets von 60 Minuten (nach Abstempeln des Fahrscheins) auf 90 Minuten zu erweitern. Gerade für "Umsteiger" werde die eine Stunde Zeit hin und wieder zu eng. Die Idee findet sich wieder in den Notizen des DVG-Geschäftsführers. "Das ist vorstellbar. Wir werden den Vorschlag diskutieren und zu gegebener Zeit vertiefen. Jetzt hatte erst mal das gemeinsame Tarifsystem Vorrang."