«Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst»
Dessau/MZ. - Götterfunken ohne Ende trafen sich am Donnerstag im Anhaltischen Theater zur Neuauflage von "Jazz & Poesie" anlässlich des 200. Todestages des ewigen Vizemeisters deutscher Zunge. Ein Schillerabend findet seinen Titel natürlich im Zitatenfundus: "Immer besser, immer heiterer...", soll der Dichter vor seinem endgültigen Abgesang gesagt haben. Was mit Busch und Brecht funktionierte, macht nun Staunen. Hehre Sprachmelodien und New-Orleans-Rhythmen? "Dein sanfter Flügel" flattert und der Hörer hüpft durchs Säkulum.
Derweil sind die Schauspieler Christel Ortmann, Andreas Preuß und Karl Thiele in bezopfte Klamotten gestiegen. Die feierliche Gewandung der MuldeJazzBuben gibt sich cool. Und siehe da: Schiller hat Drive, immer noch und immer wieder. "O, möge dieses Raumes Würde..." Man befindet sich im Theaterrestaurant. Thiele rezitiert den Prolog zu "Wallenstein - gesprochen bei der Wiedereröffnung der Schaubühne Weimar". "Des Augenblicks geschwinde Schöpfung" führt aus "des Bürgerlebens engem Kreis" zielsicher in den "Zauberschlag der Kunst".
Tausendmal gehört und dennoch macht Thiele "Die Kraniche des Ibykus" zu einem fesselnden Krimi. Christel Ortmann wirft den Handschuh so gezielt, bis das holde Pathos schwankt. Und Andreas Preuß besteht die Meisterprüfung als Glockengießer mit Bravour, wohl wissend, dass das Glockenlied von Anfang an viel Lob und Spott fand. Caroline Schlegel soll während der Lektüre vor Lachen fast vom Stuhl gefallen sein und August Wilhelm Schlegel weiß sofort, die "Glocke ließe sich herrlich parodieren". Das geschah auch reichlich. Den Part der Parodien versorgt an diesem Abend Lene Voigt (1891-1962), mit Leibzcher Blieten. Preuß und Thiele bieten "Begasus im Joche" und "An Minna'n" köstlich sächsisch oder, wie Lene sagen würde: "Da bleibt gee Ooge droggn". "Schiller und die Frauen" wird als Collage angeboten, folgt aber recht treu Sigrid Damms Biografie "Das Leben des Friedrich Schiller". Vornehmlich heiter erscheint die ideale Frau als Mäzenatin und sei es nur am Waschtrog. Was gibt es noch? Eine nicht ganz leicht konsumierbare Collage aus den Dramen, zwei gut gequirlte Zitatenreigen und ein Wechselspiel mit Contenance, Epigramme. Am Ende hat man neue Lust auf alte Verse.
Auch die MuldeJazzBuben sind mehr als die Pünktchen im Titel, obwohl man das eine, das andere und das folgende Lied schon hier gehört haben mag. Doch die Buben machen alles neu und Sabine Jeschke näherte sich der Feerei. Gastbube ist zum wiederholten Male Posaunist Hartmut Behrsing. Dann begegnen sich auch noch Text und Musik. Thiele rezitiert aus "Die Künstler". Behrsing begleitet ihn einfühlsam erzählend: "Von ihrer Zeit verstoßen, flüchte / Die ernste Wahrheit zum Gedichte."