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Enkelin auf historischen Spuren

Von ILKA HILLGER 22.07.2009, 17:03

DESSAU/MZ. - Ihr Großvater Oskar Schlemmer wohnte ab 1925 mehrere Jahre als Bauhausmeister im mittleren Doppelhaus, dem er seinen Namen gab. Nun setzte Janine Schlemmer das erste Mal einen Schritt über die Schwelle des Hauses - und es wird ganz sicher nicht das letzte Mal gewesen sein, denn die Zeit war Mittwoch viel zu kurz bemessen, um all die Dinge rund um das Bauhaus in Dessau kennen zu lernen.

Janine Schlemmer ist eine von mehreren Erben von Schülern und Meistern des historischen Bauhauses, die die Stiftung Bauhaus Dessau zum 90-jährigen Jubiläum des Bauhauses nach Dessau eingeladen hatte. Die Visite in der Bauhausstadt lag geradezu auf der Hand, nachdem am Dienstagabend in Berlin die große Ausstellung "Modell Bauhaus" eröffnet wurde und viele Nachfahren bereits dorthin gereist waren. Mit einem Bus kamen sie nun nach Dessau herüber. Für Janine Schlemmer war es das erste Mal. "Es hat sich nicht früher ergeben." Wohl auch, weil sie es mit dem Erbe ihres Großvaters nicht leicht hat. In die Schlagzeilen geriet die Münchnerin vor gut einem Jahr, als sie vor Gericht zog und der Erbschaftsstreit im Hause Schlemmer publik wurde.

Als Oskar Schlemmers Ehefrau 1987 starb, ging das Erbe zu gleichen Teilen an Tochter Ute Jaina Schlemmer und die Enkelin Janine. Die Enkelin, damals noch zu jung um das Erbe anzutreten, erlaubte der Tante, sich um den Nachlass zu kümmern. Mit dem Ergebnis, dass im Laufe der Jahre immer mehr Leihgaben aus deutschen Museen zurückgezogen wurden und selbst das Verwenden von Fotos für Ausstellungskataloge erschwert oder verhindert wurde. Von 2 000 bis 3 000 Werken ihres Großvaters weiß Janine Schlemmer den Aufenthaltsort nicht.

"Ich kann das nicht nachvollziehen", erzählt Schlemmer am Rande eines Rundgangs durch das Bauhaus. "Dieser Streit ist sehr heftig, die Fronten sind nach wie vor verhärtet. Das macht mich ziemlich unglücklich." Sie sagt, dass sie immer mehr in das Erbe hineingewachsen sei, ihr dieses im Laufe der Zeit bewusst wurde. Als Kind sei ihr dies ganz selbstverständlich vorgekommen. "In der Wohnung meiner Großmutter in Stuttgart gab es nur Bauhausmöbel. Ich habe erst viel später realisiert, dass das etwas Besonderes war", erinnert sich die Enkeltochter, die nun mit Vehemenz dafür kämpft, dass das Werk ihres Großvaters durch die Taktik der Verwandtschaft nicht in Vergessenheit gerät. In der Ausstellung in Berlin habe sie wieder beobachten können, dass das Werk Schlemmers zu wenig vertreten ist.

Immerhin konnte sie sich dort an der "Groteske" von Schlemmer erfreuen. Die liebt sie ebenso wie seine "Triaden". "Die sind heiter und witzig", erzählt die Enkeltochter, kurz nachdem sie in der Bauhaus-Aula saß, wo einst "Das Triadische Ballett" ihres Großvaters aufgeführt wurde. "Immerhin kann man das ab 2014 wieder zeigen", sagt Schlemmer. Dann endet der Urheberschutz.