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Einwohnerversammlung Einwohnerversammlung: Zwei buhlen um Bornum

Von Claus Blumstengel 16.04.2002, 15:40

Garitz/MZ. - "Der Gemeinderat sieht die einzige Chance für größtmögliche Eigenständigkeit und die Wahrung der dörflichen Identität in einer Verbandsgemeinde." - Mit diesen Worten gab am Montag Bürgermeister Mario Rudolph auf einer Einwohnerversammlung im Kulturhaus Garitz den Ring frei. Die Kontrahenten - die Bürgermeister Helmut Behrendt (FDP/Zerbst) und Klemens Koschig (Neues Forum/Roßlau) hingegen wollen etwas ganz anderes: Die Eingemeindung der Orte Bornum, Garitz, Kleinleitzkau und Trüben in die jeweilige Stadt. Und dafür fochten sie an diesem Abend gut zwei Stunden lang mit ihren Argumenten.

Wie in vielen Gemeinden des Landkreises, stimmen die rund 600 Einwohner der Gemeinde Bornum am Sonntag außer über Parteien und Kandidaten zur Landtagswahl in einer Bürgeranhörung auch über ihre künftige Zugehörigkeit zu einer Stadt oder einer Verbandsgemeinde ab. Wie Bürgermeister Rudolph informierte, wird auf drei Stimmzetteln nach der Meinung der Bürger zur Eingemeindung nach Zerbst und Roßlau sowie zur Bildung einer Verbandsgemeinde gefragt. Letztere Frage dürfte nur theoretischer Natur sein. Laut drittem Vorschaltgesetz zur Gebietsreform muss eine Verbandsgemeinde 10 000 Einwohner haben. Die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Vorfläming, zu der die Gemeinde Bornum zurzeit noch gehört, bringt es aber gerade mal auf 5 500 Einwohner, und weitere Partner sind nicht in Sicht. In allen elf Mitgliedsgemeinden wird es außerdem wie in Bornum am Sonntag Bürgeranhörungen zur Eingemeindung nach Zerbst geben. Die Kreisstadt will es mit diesen sowie mit weiteren Orten aus der VG Zerbster Land auf über 25 000 Einwohner bringen (zur Zeit 16 700).

Wenn man sich nach Roßlau eingemeinden lasse, gehöre man eines Tages vielleicht zu Dessau, gab Bürgermeister Behrendt zu bedenken. Im Gebietsänderungsvertrag mit Zerbst könnten die Bornumer hingegen alles regeln: Die Zukunft der freiwilligen Feuerwehr, die Verfügung über das Vermögen der Gemeinde, die Planung von Investitionen. Zerbst hätte mit 25 000 Einwohnern ein eigenes Straßenverkehrs- und Bauordnungsamt, außerdem Außenstellen einer künftigen Kreisverwaltung Jerichower Land. Entsprechende Gespräche mit Burg habe es gegeben. Im Gegensatz dazu habe man auf Anfragen von Wittenberger Seite keine Antwort bekommen.

Geradezu entsetzt reagierte der Roßlauer Bürgermeister Koschig auf das Ansinnen der Kreisstadt, sich aus Anhalt zu verabschieden. Roßlau werde mit allen Mitteln - auch juristischen - gegen eine Eingliederung nach Dessau kämpfen, versicherte Koschig. Auf der Grundlage eines raumordnerischen Vertrages wäre Bornum Teil eines Oberzentrums Dessau-Roßlau mit entsprechender finanzieller Ausstattung, warb das Stadtoberhaupt. Außerdem habe Bornum bis zur Bildung der Bezirke 750 Jahre lang zum Amt Roßlau gehört. Das Interesse an der Gemeinde Bornum begründete Koschig mit "raumordnerischen und wirtschaftspolitischen Gründen". Angestrebt sei die Eingemeindung der gesamten VG Rosseltal. Die Stadt Roßlau bestünde dann aus einem Drittel ländlichem Raum und zwei Dritteln Stadtgebiet. "Alles andere wäre zu groß", spielte Koschig auf die Pläne an, rund 60 Orte nach Zerbst einzugemeinden. "Meinsdorf ist seit 37 Jahren Ortsteil von Roßlau, und die Entwicklung dort spricht Bände", argumentierte der Bürgermeister.

"Ich bin für Roßlau, und ich bin für Zerbst, aber am liebsten hätte ich eine Einheitsgemeinde Lindau", sprach zum Schluss der Pfarrer in Rente Walter Lau wohl den meisten der 35 Bornumer aus dem Herzen.