Einkaufen in Dessau-Roßlau Einkaufen in Dessau-Roßlau: Immer weniger Händler setzen auf die Plastiktüte

Dessau-Roßlau - Die Leute kaufen nicht weniger ein als noch vor einem Jahr - und trotzdem sieht man sie weniger im Stadtbild: Plastiktüten. Die freiwillige Selbstverpflichtung des Einzelhandels, den Verbrauch dieser Tüten zu reduzieren, „hat sich auf jeden Fall bemerkbar gemacht“, sagt Anica Helbing, Chefin im Dessauer Rathaus-Center.
„Ein Großteil der Geschäfte hat auf Papier umgestellt wie Rewe, Vero Moda oder Jack und Jones“, hat sie beobachtet. Einige Läden hatten auch vorher schon ihre Waren in Papiertaschen verpackt.
Drogeriemarkt dem setzt im Rathauscenter auf Pfandstoffbeutel
Fehlt den Kunden ihre Plastiktüte? „Eine Beschwerde ist darüber bei mir noch nicht angekommen“, sagt Helbing. „Im Gegenteil, es gab Beschwerden, weil wir unsere Center-Gutscheine in extra Plastiktüten rausgeben haben.“ Wenn es regne, sollten die ja nicht nass werden, begründet Helbing.
Doch das Management hat auf die Kritik reagiert: „Jetzt gibt es dafür eine Bio-Papier-Tragetasche.“ Vorreiter im Center bei den Tragetaschen-Alternativen sei der Drogeriemarkt dm gewesen. „Der hat Pfandstoffbeutel eingeführt“, findet Helbing dies klasse.
Persönlich habe sie auch nur positive Erfahrungen gemacht, wenn auf Plastik verzichtet wird. „Für einen selbst ist das nur eine Kleinigkeit. Aber die Masse macht’s.“ Sie habe immer einen Beutel dabei. „Ich habe mir angewöhnt, einen im Auto und im Schreibtisch griffbereit liegen zu haben.“
Sport-Zille Verkauft die Plastiktüte gegen eine Spende für das Hospiz
Plastiktüten gibt es bei Sport-Zille im Dessau-Center auch weiterhin. Das kleine Unternehmen hatte überlegt, ob es sich der Initiative der Großen anschließe oder nicht, sagt Anka Zielinsky, Tochter von Firmengründer Gerald Zielinsky.
Der hatte vor 25 Jahren in seiner Heimatstadt das Sportgeschäft gegründet und vor acht Jahren seine zweite Filiale in Dessau aufgemacht. Geld verlangt Sport-Zille für die Tüten nicht, „aber wir bitten um eine Spende für das Dessauer Hospiz“. Und diese Idee, sagt Anja Zielinsky, „finden unsere Kunden super“.
Manchmal wandern für eine Tüte schon mal zwei oder drei Euro in den Spendentopf. Doch auch im Sportladen wird beobachtet, dass sich etliche Kunden Beutel oder Taschen von Zuhause mitbringen. „Die Leute überlegen schon“, so Zielinsky.
Gärtnerei Gebeler in Roßlau verpackt die Blumen lieber in Papier statt Plastik
„Wir packens anders ein“ - das ist schon seit einiger Zeit der Slogan bei der Gärtnerei Gebeler in Roßlau. Chefin Denise Gebeler hat auf den immer größer werdenden Berg Plastikmüll schon weit vor der Selbstverpflichtung der Einzelhändler reagiert.
„Das ist eine innere Einstellung von mir“, erklärt sie, warum sie Plastik am liebsten gänzlich privat und im Laden verbannen würde. Ganz geht es nicht, denn zum Beispiel sind viele Anzuchttöpfe aus Plastik. Aber verzichtet werden könne beispielsweise bei Blumensträußen auf Folie.
So eingepackt würden Blumen schwitzen und vor allem schneller faulen. Auch deshalb wird bei Gebelers in Papier verpackt und werden Einkäufe seit vier Jahren statt in Plastik- auch in Papiertüten verstaut. Für diejenigen, die es jedoch unbedingt wollen, gibt es Blumensträuße aber auch in der Folienvariante. „Die Rolle dafür reicht aber zwei, drei Jahre.“
Modehaus Druschke setzt schon länger auf Stoffbeutel
Die Zeit der Tüten aus Plastik ist auch im Dessauer Modehaus Druschke gezählt. „Wir haben relativ viel auf Stoffbeutel umgestellt“, sagt Philipp Druschke. Das aber schon vor der Selbstverpflichtung des Handels.
Als das Modehaus sich vor wenigen Jahren neue Tüten mit seinem Logo bedrucken lassen wollte, wurden Angebote für Plastik- und Stoffbeutel eingeholt. Die Entscheidung fiel gegen den Kunststoff aus. Alte Bestände werden nun peu á peu abgegeben.
„Kleidung“, sagt Druschke, „kann man ja nicht einfach unter den Arm klemmen.“ Deshalb wird sie in Beutel verpackt - was kostenlos für die Kunden ist. Der Vorteil der Stoffbeutel: Die werden von vielen auch für andere Einkäufe verwendet.
Mehrwegtaschen statt Einwegbeutel bei Karstadt
Seine Gratis-Plastik-Tüten abgeschafft hat zum Beispiel Karstadt. Je nach Größe werden dafür seit dem 1. März vergangenen Jahres Gebühren verlangt. Auch Mehrwegtragetaschen hat die Warenhauskette im Angebot.
Um wie viel sich der Tütenverbrauch seit dem vergangenen Jahr aber in der Dessauer Karstadt-Filiale verringert und welche Resonanz das bei den Kunden hat und ob eventuell die Plastiktüte in Zukunft ganz einpacken kann, wollte die MZ auch von Karstadt wissen. Eine Antwort gab es von der Hauptverwaltung in Essen aber nicht. (mz)
Etwa sechs Milliarden Plastiktüten werden im Jahr in Deutschland verbraucht. Um diesen Verbrauch deutlich zu senken, kosten seit dem 1. Juli 2016 Plastiktüten in vielen Geschäften Geld.
Damit trat eine freiwillige Vereinbarung zwischen Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und dem Verband des Einzelhandels in Kraft. Das Entgelt wird von den Handelsunternehmen erhoben, die sich an der Vereinbarung beteiligen.
Diese betrifft rund zwei Drittel der Tüten im Handel. Hinzu kommen Tüten in Apotheken oder Bäckereien, Tankstellenshops, Wochenmärkten und Imbissbuden. Umgerechnet auf den deutschen Markt, erfasst die Vereinbarung etwas weniger als die Hälfte aller gehandelten Tüten.
Laut Umweltbundesamt verbrauchen die Deutschen im Schnitt etwa 70 Plastiktüten pro Jahr und liegen damit weit unter dem EU-Durchschnitt von 198 Stück. Nach dem Willen der EU soll der Verbrauch noch stärker sinken: auf 40 Tüten pro Kopf und Jahr bis 2025.
Bis 2018 sollen in Deutschland mindestens 80 Prozent der von den teilnehmenden Unternehmen sowie der Mitgliedsunternehmen der Verbände in Verkehr gebrachten Kunststofftüten Geld kosten. Wie viel Geld das im Einzelfall ist, bleibt dem Handel überlassen.