Selbstversuch auf drei Rädern E-Scooter seit zwei Wochen in Dessau: Wie praktisch sind die Roller? MZ macht den Test
Seit zwei Wochen stehen 150 E-Scooter zum Ausleihen bereit. Wie praktisch sind die Roller, und was kostet eine Runde? Ein Reporter probiert es aus - und zieht ein gemischtes Fazit.

Dessau-Rosslau/MZ - Die Rechnung kommt per E-Mail. Wenige Sekunden, nachdem ich den E-Scooter vor dem Dessauer Hauptbahnhof abgestellt und mich aus der App ausgeloggt habe. 4,49 Euro Gesamtpreis, der sich zusammensetzt aus 99 Cent Gebühr für das Entsperren und 3,50 Euro für 14 Minuten Fahrt. Viel Geld für eine doch recht kurze Fahrt mit ausgesprochen wenig Komfort, wie sich an diesem Donnerstagvormittag zeigen wird.
Seit zwei Wochen verleiht das Münchener Unternehmen „Zeus“ insgesamt 150 E-Scooter in Dessau-Roßlau. Ich will wissen, wie fahren sich die Elektroroller? Wie schnell komme ich von A nach B? Können die Scooter eine Alternative zu Fahrrad, Auto und Bahn - meine üblichen Verkehrsmittel - sein?
Von der Redaktion bis zum Hauptbahnhof
Für den Test will ich von der MZ-Redaktion an der Museumskreuzung bis zum Hauptbahnhof fahren. Download und Registrierung der App sowie das Geldaufladen funktionieren problemlos. Für den Anfang lade ich zehn Euro per Paypal auf mein Zeus-Konto. Das sollte für einige Fahrten reichen, hoffe ich.

Die App zeigt mir auch an, wo der nächste Scooter steht. Er befindet sich etwas versteckt in einem Hinterhof eines Wohnblocks an der Askanischen Straße. Mit ein wenig Suche finde ich ihn und bin etwas ernüchtert. Das Unternehmen hatte erklärt, es würden sowohl gebrauchte als auch nagelneue Scooter in Dessau angeboten. Ich habe wohl einen gebrauchten erwischt. An Trittbrett und Lenker sind Kratzer und Schrammen und der grüne, mit dem Daumen zu bedienende Gashebel am Lenker klebt unangenehm. Egal, jetzt wird gefahren!
20 km/h Höchstgeschwindigkeit
Mit dem Handy scanne ich einen QR-Code am Lenker, um den Roller zu entsperren. Auf der App erscheinen noch ein paar Tipps für den Betrieb: Ich soll auf dem Radweg fahren, möglichst einen Helm tragen und nicht betrunken aufsteigen. Alles klar, los geht die Fahrt!
Auf dem schön ebenen Hinterhofparkplatz drehe ich ein paar Testrunden, bevor ich mich in den Stadtverkehr stürze. Der Roller macht dabei zunächst eine gute Figur. Der Wenderadius ist eng und die Beschleunigung bis zur Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h überraschend kraftvoll. Schon nach wenigen Sekunden erscheint auf dem Display am Lenker einer kleine „20“. Weil der Roller drei statt zwei Räder hat, ist er bei langsamen Geschwindigkeiten minimal stabiler als Scooter anderer Hersteller.
Im Stadtverkehr offenbaren sich dann aber einige Probleme. Schon nach kurzer Zeit tun mir die Handgelenke weh. Die Vibrationen an Bordsteinkanten, Schlaglöchern und - ganz schlimm - Kopfsteinpflaster werden kaum abgefedert. Zudem habe ich das Gefühl, ziemlich albern auf dem Gerät auszusehen. Ich fühle mich wie ein kleiner Schuljunge mit seinem Tretroller.
Nach einem Zwischenstopp für Fotos am Bauhausmuseum brauche ich noch etwa vier Minuten bis zum Bahnhof. Eine akzeptable Zeit, die ich in etwa auch mit meinem Fahrrad brauche. Das Abstellen und Ausloggen ist ebenso einfach wie das Entsperren: In der App die Fahrt beenden und ein Foto vom geparkten Scooter machen. Das soll verhindern, dass die Roller Wege versperren oder in die Ecke geworfen werden.

Am Bahnhof will ich von anderen Verkehrsteilnehmern wissen: Wie finden Sie die neue Möglichkeit der Fortbewegung? Heiko Schrenner ist passionierter Radler und wird das wohl auch bleiben. „Bestimmt gibt es Menschen, die die Roller nutzen. Aber ich persönlich habe irgendwie keine wirkliche Anwendungsmöglichkeit für sie“, sagt er. Für den ein oder anderen Weg, den er mit dem Fahrrad erledigt, habe er auch schon durchgerechnet, was auf dieser Strecke ein E-Scooter kosten würde. „Das Ergebnis war, dass das ganz schön teuer ist.“
Jugend freut sich über E-Scooter
Aber vielleicht ist der Blick auf die E-Scooter auch eine Generationenfrage. Kurz nachdem Schrenner im Bahnhof verschwunden ist, kommen zwei junge Männer auf einem Scooter angerauscht. Erlaubt ist das nicht, zu sehen aber immer wieder. Die beiden freuen sich sehr, dass in Dessau-Roßlau nun auch endlich die Roller zur Verfügung stehen. „Sie sind nach dem Weggehen und Feiern superpraktisch“, sagt einer der Jungs. „Nach 20 Uhr kommt man in Dessau mit der Bahn ja kaum noch weg und ein Taxi ist den meisten zu teuer.“
Bei Zeus ist man unterdessen zufrieden mit den ersten zwei Wochen. „Der Start unseres Verleihs in Dessau-Roßlau ist äußerst vielversprechend verlaufen. Wir haben eine erfreuliche Anzahl an Nutzern“, sagt ein Sprecher. Rund 200 Mal am Tag würden Roller ausgeliehen. Derzeit analysiere man, welche Routen und Abstellflächen besonders beliebt sind. Dabei zeichneten sich schon zwei Routen ab: Von Dessau nach Waldersee und von Dessau-Süd nach Dessau-Nord, so der Zeus-Sprecher.
Mein persönliches Fazit nach dem Test fällt gemischt aus. Wirklich vermisst habe ich die doch sehr rumpeligen Roller nicht. Ich bleibe bei meinem Fahrrad, das billiger und mindestens genauso schnell ist. Für Dessau-Roßlau, insbesondere die Jugend, sind die Scooter dennoch ein Gewinn. Gerade in Randzeiten und auf den letzten hundert Metern von der Bahn bis zur Haustür können die Scooter ein Vorteil sein.