Drama in der "Charivari"-Manege Drama in der "Charivari"-Manege: Aufregung um Sindbad
Coswig/MZ/sib. - Aufregung in den Zuschauerreihen im Chapiteau des Circus Charivari am Dienstagnachmittag. Mitten in der Vorstellung erlitt plötzlich das Kamel "Sindbad" einen Schwächeanfall. Beim Transport aus der Manege schrie der Kamelhengst laut; der Schreck fuhr Pflegern, Artisten und Publikum in die Glieder.
Zirkusdirektor Jochen Fleischmann zögerte keinen Augenblick und holte den in Coswig ansässigen Tierarzt Wolfgang Rieck auf das Gelände am Lerchenfeld, wo der Staatszirkus-Nachfolger seine Zelte für zwei Tage aufgeschlagen hatte. Die Diagnose des Veterinärs war eindeutig: Sindbad hatte mit einer Kreislaufschwäche zu kämpfen und bekam sofort die notwendige Hilfe zur Stärkung. Kamele hat Tierarzt Rieck nun zwar nicht in seiner festen "Patientenkartei", wusste aber Rat: "Es ist ja ein Wiederkäuer. Und behandelt habe ich ihn im Prinzip wie eine Hochleistungskuh; mit einer intravenösen Glukose-Infusion."
Charivari-Direktor Fleischmann zeigte sich dennoch ein wenig ratlos. "Sindbad litt im Sommer an einer Bauchspeicheldrüsen-Erkrankung", klärte er gegenüber der Mitteldeutschen Zeitung auf. "Sindbad war mehrere Monate tiermedizinisch versorgt worden, und sein Zustand verbesserte sich zusehends." Selbst das Fell begann nach der langen Behandlung langsam wieder zu sprießen, und der Appetit stimmte wieder. Zwar war das Tier noch abgemagert, aber wieder sichtlich zu Kräften gekommen und allmählich wieder in das Zirkusprogramm integriert. Vielleicht habe die Aufregung in der Manege im Zusammenwirken mit den Anstrengungen des Transportes den Kreislaufkollaps ausgelöst, vermutet Veterinär Rieck.
Es gehöre zur Charivari-Philosophie, erklärte wiederum Fleischmann, dass die Tiere selbst im Alter oder im Falle einer Erkrankung nicht einfach abgeschoben oder gar eingeschläfert werden, um sie vielleicht schnell los zu werden. Stattdessen gehörten sie fest zur Zirkusfamilie und bleiben in deren Obhut.
"Sie benötigen die Zuneigung ihrer Artgenossen und die Pflege der Zirkusmitarbeiter", begründete Fleischmann. Und nicht zuletzt drängten sie wieder in die Manege. Insofern unterschieden sich Menschen und Tiere kaum, erklärte Fleischmann. Beschäftigung sei oftmals die beste Medizin.
Noch am Dienstagabend schaute Tierarzt Rieck im Zirkus nach dem Rechten. Zwei Stunden nach der Infusion hatte die Kraft-Spritze gewirkt. "Und das Kamel war schon wieder auf eigenen Beinen in seinen Stall getrabt." Gestern früh überprüfte der Veterinär noch einmal den Zustand des 15-jährigen Sindbad und verließ mit optimistischer Prognose den Zirkusplatz. Das Kamel hat sich von seiner Unpässlichkeit erholt.
In wenigen Wochen reist Charivari ohnehin in sein Winterquartier, wo die Regeneration des betagten Kamels in Ruhe fortgesetzt wird.