Draisinen-Ritt über die Ferdinand-von- Schill-Straße
Dessau/MZ. - 100 Jahre ist es her, dass zwischen Dessau und Roßlau die ersten Straßenbahnen fuhren - nach Jahre währenden Diskussionen. Das Jubiläum sollte gefeiert werden mit "Draisinenfahrt & Familienfest". Veranstalter: verschiedene Vereine, die Kulturämter Roßlaus und Dessaus, die DVG und eben die Bürgerliste, für die das Fest zugleich eine Wahlkampfveranstaltung war.
Und so fuhren nach 33 Jahren Pause - 1974 wurde auch die Straßenbahnlinie zum Rosenhof eingestellt - wieder Schienenfahrzeuge durch die Ferdinand-von-Schill-Straße. Zwar fehlte die angekündigte Tram - technische Probleme verhinderten deren Transport, denn die Gleise in der Schillstraße sind nicht mehr ans übrige Gleisnetz angebunden -, dafür aber mit zwei Draisinen, die man bei der Erlebnisbahn Zossen-Jüterbog ausgeliehen hatte, auf der jedes Jahr 40 000 Gäste unterwegs sind.
Am Sonnabend nun konnte jeder ein paar hundert Meter auf der alten Straßenbahnstrecke unterwegs sein - wenn er die Sicherheitsbestimmungen unterzeichnet hatte. Die unter anderem daran erinnerten, dass auch für Draisinenfahrer die Straßenverkehrsordnung gilt. Zwei Pedaleure beschleunigen die Draisinen locker auf 20 und mehr Stundenkilometer.
Im Schwabehaus gab es unterdessen einen Vortrag vom Verein Historische Straßenbahn, in dem die an Kuriosa nicht arme Geschichte der Dessauer Straßenbahn beleuchtet wurde. Auch das Drängen des Herzoghauses zunächst Gasantriebe einzusetzen, weil die Verschandelung des Stadtbildes durch Oberleitungen befürchtet wurde, gehörte dazu. Nach einigen Explosionen stellte man dann doch lieber auf Strom um.
Die Unbill hatte damit kein Ende. Auf der 1907 eröffneten Strecke nach Roßlau entgleisten die Straßenbahnen besonders häufig. Doch das war 38 Jahre später bereits Geschichte. Die 1945 im Krieg zerstörten Straßenbahnbrücken wurden nicht wieder aufgebaut, der Verkehr eingestellt.