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Dr. House als Lehrmaterial Dr. House als Lehrmaterial: Medizinstudenten in Dessau lernen mit der TV-Serie

Von Thomas Steinberg 19.01.2019, 13:00
Prof. Christian Mang und seine Zuhörer schauen Dr. House.
Prof. Christian Mang und seine Zuhörer schauen Dr. House. Thomas Steinberg

Dessau - Die Kollegin bleibt fassungslos in der Tür stehen. Da sitzt Dr. House doch tatsächlich am Krankenbett, kippt mit dem Patienten Schnaps. Der ist nach einem schweren körperlichen Zusammenbruch aus der Todeszelle ins Princeton-Plainsboro Teaching Hospital verlegt worden.

Wer die Figur Gregory House kennt, ahnt, dass der nicht mit Clarence säuft, weil ihn dessen Schicksal anrühren würde. Sondern weil es medizinisch sinnvoll ist. Nur warum? Prof. Christian Mang will das wissen. Von Medizinstudenten in Dessau, Bad Saarow, Lauchhammer, Potsdam, Neuruppin. Mit den Dessauern sitzt er in einem Raum auf dem Gelände des Städtischen Klinikums, die anderen sind ihm per Videokonferenz zugeschaltet. Also nochmals: Wann ist Schnaps als Medizin angezeigt?

In Bad Saarow hat man zuerst die Lösung und hält ein Schild in die Kamera. Darauf steht „Methanolvergiftung“. Mang lobt und erklärt die Biochemie hinter der Behandlungsmethode.

Prof. Christian Mang steht weit oben auf der deutschen YouTube-Professoren-Liste

Mit Bianca „Bibi“ Heinicke, deutsche YouTuberin mit 5,5 Millionen Followern und berühmt für nichts, kann Mang nicht mithalten – er bringt es mit seiner MANG Medi-a-zin-Didaktik auf gerade einmal 15.410 Follower und 15 Videos – und steht damit weit oben auf der deutschen YouTube-Professoren-Liste. In jeweils ein bis anderthalb Stunden langen Videos widmet sich der seit einigen Monaten in Münster lehrende Pharmakologe medizinischen Themen. Motto: „Gute Lehre ist die Simplifikation komplexer Sachverhalte.“

Als Dr. Gregory House, gespielt von Hugh Laurie, sich nach 177 Folgen vom Fernsehbildschirm zurückzog, hatte der Misanthrop mit seinem Team die entlegensten Fälle diagnostiziert - ob Colchicin-Vergiftung, Lambert-Eaton-Rooke-Syndrom, Myasthenia gravis oder Beulenpest. Die medizinischen Aspekte der Serie gelten als gut genug recherchiert, um darüber hinwegzusehen, dass das Fernsehkrankenhaus zum Beispiel ganz ohne Krankenschwestern und -pfleger läuft. Insofern taugen sie durchaus als unterhaltsames Lehrmaterial.

Mang will stattdessen ein besseres Verständnis für Zusammenhänge wecken

„Ich bin“, lässt Mang zu Beginn der Video-Vorlesung am Montagabend wissen, „gegen das Auswendiglernen.“ Das gilt immer noch als ein Hauptbestandteil des Medizinstudiums. Mang will stattdessen ein besseres Verständnis für Zusammenhänge wecken - und für die Patienten. Aufsätze, bei denen man nach einem Viertel Absatz nicht mehr wisse, was der Autor wolle, findet Mang grauenhaft.

Patrick Timm sammelt mit sechs Kommilitonen seines Jahrgangs Praxiserfahrungen am Klinikum, hat Mang nach Dessau eingeladen und assistiert ihm bei der Videokonferenz. Mit der Technik ist er vertraut, Fernlehre ist ein wesentlicher Teil des Studiums an der erst 2014 gegründeten Medizinischen Hochschule Brandenburg. Nach insgesamt dreieinhalb Jahren in Neuruppin und Brandenburg wechseln die angehenden Mediziner in kleinen Gruppen an verschiedene Krankenhäuser. Bislang, so Timms Fazit, funktioniere der dezentrale Ansatz sehr gut.

Was man noch bei „Dr. House“ lernen könne: „Immer zweimal hinzuschauen“

Der Therapie mit Alkohol zum Trotz geht es dem Patienten und Todeskandidaten Clarence mittlerweile wieder sehr schlecht, er leidet unter höllischen Bauchschmerzen. Nach und nach kommt ein Symptom hinzu, dann stoppt Mang den Film und will wissen, wie die Diagnose lautet.

Ein Dessauer Student weiß die richtige Antwort: Phäochromozytom, ein gutartiger Tumor in der Nebenniere. Extrem selten und unter anderem Auslöser extrem hoher Adrenalin-Ausschüttungen. Dem Fernsehärzte-Team dienen sie als eine Erklärung für die massiven Wutanfälle des Patienten, unter denen er vier Menschen umgebracht hat.

Was man noch bei „Dr. House“ lernen könne: „Immer zweimal hinzuschauen“, sagt Christian Mang. Und sich nicht vorschnell ein Urteil bilden - sowohl über Menschen als auch Krankheiten. (mz)

Diskussion unter Studierenden
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Thomas Steinberg