Dessauer Service-Profis Dessauer Service-Profis: Wo der Kunde König ist

Dessau-Rosslau/MZ - Eckhard Kretschmann ist vom Dessauer Süden mit der Straßenbahn in die City gekommen. Bei der IHK in der Langen Gasse wird der Dessauer am Dienstagabend überraschend zum Preisträger erklärt. Plötzlich sieht sich der Senior mit einem riesigen Fernsehgerät konfrontiert. Wie den nach Hause bekommen? - Kretschmann hat Glück. Dessaus Wirtschaftsjunioren haben auch da vorgesorgt, erweisen sich als Serviceprofis und bieten selbstverständlich Hilfe an.
Durchweg positive Stimmen
Die Dessauer Wirtschaftsjunioren haben am Dienstag Dessau-Roßlaus erste Service-Profis ernannt und insgesamt vier Unternehmen ausgezeichnet. Dies sind die Konditorei Mrosek, das Aktivital-Gesundheitszentrum, die Autohaus Heise GmbH und die Antoinetten-Apotheke. Die Wirtschaftsjunioren freuen sich, dass sie mit ihrer im April gestarteten Aktion bei den Kunden ins Schwarze getroffen haben: 230 Unternehmen hatten sich um eine Auszeichnung bemüht und wollten wissen, wo hoch ihr Ansehen bei Kunden ist. 1489 Kunden wiederum machten sich die Mühe und schilderten ihre Erlebnisse mit der „Servicelandschaft Dessau“. Eine Wüste scheint die keinesfalls zu sein, bedenkt man, dass nur eine einzige Zusendung Zustände bemängelt hat und es sonst durchweg positive Stimmen gab.
Mit Susanne Aßmus wurde die Inhaberin der Apotheke in der Dessauer Antoinettenstraße für die Kategorie Handel geehrt. Die promovierte Pharmazeutin hatte die Apotheke im November 1991 gegründet und beschäftigt sechs Mitarbeiter. Die Kunden schätzen an der Einrichtung besonders „kompetente, außergewöhnliche Beratung auf den Gebieten Homöopathie, Kosmetik, Sport und Ernährung“. Aßmus, die den Preis von Wirtschaftsminister Möllring in Empfang nahm, stellte klar, dass die Auszeichnung dem gesamten Team gehört. „Wir haben uns gemeinsam in den letzten Jahren ganz besonders auf Naturheilmittel und Homöopathie-Beratung konzentriert. Auch deshalb heben wir uns von Mitbewerbern ab, nur mit serviceorientierten Mitarbeitern kann ich diese Servicequalität auch über Jahre sichern“, danke Aßmus.
Das Aktivital-Gesundheitszentrum ist Gewinner im Bereich Dienstleistungen. Aus einer Handvoll motivierter Sportlehrer und Physiotherapeuten, die 2004 mit einem kleinen Gesundheitsclub in der alten Bäckerei Flemming - damals eine wirkliche Ruine - gestartet sind, ist inzwischen ein modernen Gesundheitszentrum mit den Schwerpunkten Sport, Physiotherapie und Reha-Sport geworden. Inzwischen werden 38 Mitarbeiter beschäftigt, 17 davon sind fest angestellt. Die Kunden mögen: „dass ihnen zum Geburtstag gratuliert wird, dass sie sich jederzeit am Empfang Haarspray, Deo, Duschgel ausleihen können, die Professionalität sowie die gleichbleibende und stetige Herzlichkeit der Mitarbeiter“. In Haus und Inventar wurden inzwischen 1,2 Millionen Euro investiert. Geschäftsführer Christian Graupner nahm den Preis entgegen.
Die Konditorei Mrosek wurde im Bereich Gastronomie als Serviceprofi der Wirtschaftsjunioren ausgezeichnet. Die Konditorei und das Café wurden am 1. September 1945 von Ilse und Hans Mrosek gegründet. Beides ist bis heute in Familienhand. Im April 1978 übernahm Bernd Fuchs die Geschäfte von seinen Schwiegereltern. Heute führt er das Unternehmen gemeinsam mit den Söhnen Hendrik und Matthias. In der Laudatio heißt es u.a.: „Immer bemüht, ein abwechslungsreiches Sortiment zu bieten. Großes Augenmerk wird auf die Frische der Produkte gelegt.“
Für die Autohaus-Heise GmbH nahm Geschäftsführer Oliver Krüger den Preis in der Kategorie Handwerk entgegen. Geschildert wird in der Laudatio ein Notfall, den die Werkstatt problemlos klärte und nicht nur dafür sorgte, dass der Kunde einen Termin in Coburg einhalten konnte, sondern ihm Tage später sein repariertes Auto dorthin lieferte. Das Autohaus Heise gibt es seit 1993. Das Unternehmen verzeichnet einen Umsatz von 33 Millionen Euro im Jahr. Es verkauft pro Jahr über 2000 Autos. 100 Mitarbeiter, inklusive Auszubildende, sind im Unternehmen beschäftigt.
So ist es für Sachsen-Anhalts Wirtschafts- und Wissenschaftsminister, Hartmut Möllring, Schirmherr der Aktion, eine Freude, zwei von vier Preisträgern zu ehren. Dies geschieht nicht ohne lobende Worte. „Ich kenne keinen ähnlichen Preis im Lande, ein Plagiat wäre durchaus wünschenswert“, erklärte Möllring. Es sei toll, „mal nicht nur darüber zu sprechen, was es nicht gibt, sondern darüber, was es gibt“. So zeigte sich der Schirmherr überzeugt, dass der Dessau-Roßlauer „Serviceprofi“ einerseits diejenigen belohne, die tagtäglich Dienst am Mann bieten, aber auch diejenigen ansporne, es den Ausgezeichneten nachzutun.
Anspruch auf gute Beratung
Auch Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras anerkennt, dass die Wirtschaftsjunioren einen Nerv getroffen haben, den er - was den Bürgerservice im Rathaus betrifft - ebenfalls anvisiert. Stunden zuvor hatte Kuras auf seiner ersten Belegschaftsversammlung an Mitarbeiter der Stadtverwaltung soliden „Service und Demut insbesondere gegenüber dem Ehrenamt und gegenüber der Wirtschaft“ angemahnt und daran erinnert, dass der „Steuerzahler einen Anspruch auf gute Beratung hat“. Dies geschah vor dem Hintergrund vieler Gespräche u.a. mit Vertretern der Wirtschaft. Deren Urteil über die Zusammenarbeit war ernüchternd, sagte er. Andererseits freut sich der erste Mann der Stadt über die Aktion der Wirtschaftsjunioren. „Wir reden viel zu oft über das Negative. Manchmal ist es auch ermüdend, wenn die Menschen nur die Probleme sehen und nicht die Chancen.“
Gut zwei Jahre wurde Dessau-Roßlaus Service-Profi-Aktion vorbereitet. Das Wirtschaftsministerium und Sponsoren unterstützten die Image-Aktion. Am Tag vor der Preisverleihung kam die Jury zusammen. Deren Mitglieder - bestehend aus Joachim Landgraf (Verwaltungsdirektor des Anhaltischen Theaters a.D.), Manfred Piotrowsky (IHK-Geschäftsstellenleiter Halle-Dessau) und Lars Rümmler (Kreissprecher der Wirtschaftsjunioren Dessau) - sichteten und bewerteten die vielen Zuschriften. Am Ende wissen sie, manche Entscheidung sei knapp gewesen. Etliche weitere Unternehmen hätten das Potenzial zum Serviceprofi. In zwei Jahren werde deshalb zum nächsten Wettbewerb aufgerufen.
Und was Eckhard Kretschmann angeht. Der Dessauer ist ein Kunde, der sich an der Umfrage beteiligt hatte - und neben zwei weiteren belohnt wurde. Der Dessauer hat ebenfalls einen Favoriten für den Titel ausgemacht. Im Kopiershop Zerbster Straße, so sagt er, erhalte man mehr Service als erwartet. Das habe ihn beeindruckt und das sollte sich herumsprechen.