Pflege und Handwerk Dessauer Internat für Fachkräfte aus dem Ausland erhält Demografiepreis
Ein Dessauer Bildungsträger hat mit seinem Projekt den sachsen-anhaltischen Demografiepreis gewonnen. Er holt ausländische Pfleger und Handwerker nach Anhalt.

Dessau-Roßlau - Fachkräfte sind in einigen Branchen, wie der Pflege und manchen Industriezweigen seit Jahren Mangelware. Viele Firmen werben daher Personal aus dem Ausland an, das die Lücken hierzulande stopft. Ein schneller Sprachkurs, eine berufsbegleitende Ausbildung, höherer Lohn als in der Heimat der Arbeiter und schon ist das Personal wieder auf Sollstärke.
Doch so einfach ist es oft nicht. Dem Fachkräftemangel so beizukommen, birgt Risiken. Wer sich an seinem neuen Arbeitsplatz nicht wohlfühlt, keine Wertschätzung erfährt und sich nicht integriert fühlt, wandert oft wieder ab.
„Come2 Sachsen-Anhalt“ heißt das Projekt, das sich an Personen aus Ländern wie China, Vietnam, Usbekistan oder Serbien richtet
Der Dessauer Bildungsträger GfM mit Sitz in der Junkersstraße, der ausländische Fachkräfte nach Dessau und Umgebung holt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die jungen Menschen mit intensiver Integration und einem neuen Projekt hier zu binden. Dafür wurde das Unternehmen nun mit dem sachsen-anhaltischen Demografiepreis in der Kategorie „Aufbauen: Nachwuchs fördern & Fachkräfte sichern“ ausgezeichnet. Am Montag übergab Landes-Verkehrs- und Entwicklungsminister Thomas Webel (CDU) den Preis an das Unternehmen.
Konkret wurde der Plan gewürdigt, ein Internat in Dessau aufzubauen, in dem die Fachkräfte aus dem nicht-europäischen Ausland ankommen und wohnen können. „Come2 Sachsen-Anhalt“ heißt das Projekt, das sich an Personen aus Ländern wie China, Vietnam, Usbekistan oder Serbien richtet. Mit dem Vorhaben soll ihnen der Start in Deutschland erleichtert werden. „Das Internat, das gemischt besetzt werden soll, ist ein erstes Zuhause für die Fachkräfte, die bei GfM als ,Talente’ bezeichnet werden“, sagte Wolfgang Circamm vom Organisatorenteam des Demografiepreises.
32 Vietnamesen und Serben haben über die GfM zuletzt einen Weg in die Pflege gefunden
Beispiele von sogenannten Gastarbeitern in den 70er-Jahren in der Bundesrepublik und auch das Schicksal vieler Vertragsarbeiter in der DDR hätten gezeigt, dass eine Integration der aus dem Ausland stammenden Arbeiter wichtig sei. „Ob ausländische Fachkräfte nach ihrer Ausbildung bei uns bleiben und nicht in andere Bundesländer oder gar wieder zurück in ihre Länder abwandern, hängt maßgeblich davon ab, ob sie sich in ihrem Job und ihrer Umgebung wohlfühlen“, weiß Circamm.
Die Ausbildung dieser Personen sei mehr als Bildung. Die jungen Ausländer, die klassisch in Betrieb und Berufsschule oder bei freien Bildungsträgern wie der GfM ausgebildet werden, gelten als Auszubildende oder Schüler. 32 Vietnamesen und Serben haben über die GfM zuletzt einen Weg in die Pflege gefunden. Viele von ihnen leben bei Gastfamilien, so Circamm. Das Internat soll erst ab August an den Start gehen.
„Wir brauchen Leute für den Mittelstand, die die Ärmel hochkrempeln“
Weil der Kampf gegen den Fachkräftemangel in Sachsen-Anhalt mit der Entwicklung des ganzen Landes zusammenhänge, überreichten am Montag auch nicht der Wirtschafts-, Arbeits- oder Bildungsminister, sondern der für Landesentwicklung zuständige Ressortchef den Preis. „Wir brauchen Leute für den Mittelstand, die die Ärmel hochkrempeln“, sagte Thomas Webel, und dachte bei dieser in letzter Zeit oft gehörten Formulierung zur Abwechslung mal nicht ans Impfen.
Der Demografiepreis wird bereits zum achten Mal vergeben und ist in der nun ausgezeichneten Kategorie mit 1.500 Euro dotiert. Wegen der Corona-Pandemie konnte die wie sonst üblich zentrale Preisverleihung in Magdeburg in diesem Jahr nicht stattfinden. 189 Vereine und Initiativen hatten sich in diesem Jahr insgesamt beworben.
Der Demografiepreis wird für Projekte in den drei Wettbewerbskategorien „Bewegen - Perspektiven für Jung & Alt“, „Aufbauen - Nachwuchs fördern & Fachkräfte sichern“ sowie „Anpacken - Lebensfreude in Stadt & Land“ verliehen. Sie sind mit insgesamt 9.900 Euro aus dem Landeshaushalt dotiert. Hinzu kommen zwei von Sponsoren bereitgestellte Sonderpreise mit insgesamt 2.500 Euro. (mz)