Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Wohnen über den Dächern der Stadt
dessau/MZ. - Insbesondere natürlich bei den Mietern der drei Hochhäuser.
Drei Millionen Euro will die DWG mit dem Verkauf erzielen. Nach den Offerten auf der Immobilienmesse Expo-Real in München und in den großen deutschen Tageszeitungen wie FAZ und Süddeutsche hätte es einigen Zuspruch gegeben, informiert DWG-Pressesperecher Walter Matthias auf MZ-Anfrage. "Wir führen gegenwärtig Gespräche mit Interessenten." Nähere Angaben macht der Pressesprecher mit Verweis auf die noch laufenden Unterredungen nicht.
Ein Abschluss der "Sichtungsphase" ist noch nicht definiert. "Wir entscheiden in den kommenden Wochen wie lange wir die Marktabfrage noch laufen lassen", so Matthias. Derzeit können sich also Interessenten noch immer bei uns melden. "Die Hausbewohner sind sehr verunsichert durch die Verkaufsabsichten der DWG", weiß Hartmut Wenzel, Mitglied im Mieterbeirat der Friedrichstraße 25. "Es ziehen auch Leute panikartig aus."
46 der 92 Wohnungen in diesem 14-Geschosser sind derzeit noch bewohnt. Viele der Mieter wohnen schon seit Jahrzehnten hier, "sie haben ihr Leben hier verbracht und wollen jetzt natürlich nicht mehr weg", weiß Wenzel. Er selbst gehört zu den "" im Haus. 1999 bezog er mit seinem Partner eine sogenannte Kernwohnung. In der 14. Etage. "Ganz oben oder gar nicht, war meine Devise." Der Blick aus 45 Metern Höhe über Dessau sei "gigantisch" und wiege die größeren und kleineren Wohnungsmängel auf. Zugluft vom Hausflur durch die Wohnungstür, die nicht wirklich eine ist, eine veraltete Heizungsanlage und "Treibhaustemperaturen im Sommer" zählt Wenzel auf. "Wir haben gelernt, mit diesen Unzulänglichkeiten zu leben". Ausziehen würde er deshalb nicht. "Wir haben viel investiert und uns die Wohnung hergerichtet. Wir fühlen uns wohl über den Dächern der Stadt." Und auch die Lage mitten im Zentrum sei ein großes Plus. "Wir können alles zu Fuß erreichen, sind mittendrin, aber wenn wir bei uns oben in der 14. Etage sind, doch weit genug weg."
Für den hohen Leerstand sieht Wenzel die Ursache im Zustand der Wohnungen. "Einige haben noch die alten undichten Holzfenster. Einen Austausch gibt es nur gegen Mietaufpreis", zählt er auf. Wer auszieht, müsse die Wohnung in den Urzustand versetzen (nach neuem Mietvertrag). Was heißt, dass sämtliche Tapeten, Fußbödenbeläge, Laminate, Fliesen entfernt werden müssen. Unabhängig von ihrem Zustand. "Wer mietet denn solch eine Höhle?" fragt Wenzel verständnislos. Dass die DWG seit Jahren nur die notwendigsten Instandsetzungsarbeiten durchführt, ärgert ihn schon sehr. "Es ist schade um die Wohnungen in dieser Top-Lage."
Er hofft nun, dass mit dem Verkauf endlich etwas passiert in den Häusern. "Das müsste alles grundlegend saniert werden." Für die Wohnungen selbst sieht er unheimlich viele Gestaltungsmöglichkeiten, um sie zu vergrößern oder zu verkleinern, Zuschnitte zu verändern, Dachterrassen anzulegen und vieles mehr. Vertreiben lassen wird sich Hartmut Wenzel auf keinen Fall. "Vor die Tür können sie uns nicht setzen und wir schauen, was passiert."
Ob er sich nach einer Sanierung die Miete für seine 75 Quadratmeter große Wohnung noch leisten kann, das weiß er freilich nicht. Abwarten und Tee trinken.