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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Wie der Sohn, so der Vater

Von Steffen Brachert 01.03.2012, 18:59

Dessau/MZ. - "Mein Vertrag geht erst einmal bis Jahresende", sagt Braband, durch die riesigen Werkhallen im Süden eilend. Die Hoffnung des 45-Jährigen ist klar: "Wenn das hier mit einer Festanstellung klappt, es wäre riesig." Sohn Karsten hat einen solchen Vertrag im November vorigen Jahres unterschrieben. Nach einem dreiviertel Jahr als Zeitarbeiter übernahm das Bahnwerk Dessau den 22-Jährigen. Unbefristet. Als einen von 120 Leiharbeitern.

Andere Wege als BMW

In Leipzig streitet BMW gerade mit dem Betriebsrat. 2 700 Mitarbeiter zählt die Stammbelegschaft. 1 100 sind als Zeitarbeiter angestellt. Etwa 40 Prozent. Zu viel für die Gewerkschafter, die vor dem Arbeitsgericht klagen, in einer ersten, allerdings nur wenige Zeitarbeiter betreffende, Entscheidung aber eine Niederlage erlitten haben. Das Bahnwerk Dessau geht da andere Wege. "Wir haben gesehen", sagt Gabriele Klepzig, seit März 2006 Personalleiterin im Bahnwerk Dessau, "dass wir die Kollegen mittelfristig brauchen und haben deshalb aufgestockt."

1 200 Mitarbeiter zählt inzwischen die Stammbelegschaft. Das Bahnwerk Dessau ist damit einer der größten gewerblichen Arbeitgeber der Region - und einer der unauffälligsten. "Wenn irgendwo ein Zug stehen bleibt, berichten alle drüber", sagt Bahnsprecher Jörg Bönisch. "Solche Erfolgsgeschichten kommen manchmal zu kurz."

Das Bahnwerk Dessau, das größte seiner Art im deutschlandweit 13 Werke zählenden Verbund der DB Fahrzeuginstandhalten, hat ein Rekordjahr hinter sich. 1,8 Millionen Fertigungsstunden wurden 2011 geleistet. "2012", sagt Werkleiter Michael Otto, "gehen wir von 1,6 Millionen Stunden aus." Immer noch genug für die 1 200 Mitarbeiter. Otto hat vor 30 Jahren im Bahnwerk gelernt und kennt sich gut aus. Nach dem tragischen Unfalltod von Hans-Peter Michlitz im Oktober vorigen Jahres hat Otto die Werkleitung übernommen. Trotz der Umstände: "Es freut mich, dass ich wieder hier bin."

Das Bahnwerk Dessau hat sich auf E-Loks spezialisiert. "Das ist unser Produkt", berichtet Otto. 225 Loks sollen 2012 zur Generalüberholung nach Dessau kommen. Aller acht Jahre ist diese Revision fällig - und dauert mindestens 17 Tage. Dazu kommen die Loks, "die zwischendurch mal Wehwehchen haben". Dazu kommt der ganze Komponentenbau, wie Otto erzählt. Ein Durchlauf von 350 Loks pro Jahr sind keine Seltenheit in Dessau. Und längst haben viele Loks nicht mehr das DB-Zeichen für die Deutsche Bahn an der Seite. "Zehn Prozent unserer Aufträge", bestätigt Otto, "kommen mittlerweile von außerhalb."

Nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 hat sich das Bahnwerk stetig entwickelt. Wurden damals die Wochenarbeitsstunden reduziert, waren Kollegen ins Bahnwerk Krefeld ausgeliehen, herrscht heute längst wieder Hochbetrieb. "Unser Vorteil ist, dass wir nicht allein auf den Güterverkehr angewiesen sind", sagt Otto. Auch Personenzüge brauchen E-Loks.

Die Arbeitsspitzen im vorigen Jahr hat das Bahnwerk mit bis zu 160 Leiharbeitern abgefedert. "Diese waren integriert in die Stammbelegschaft und wurden weitergebildet", sagt Personalchefin Klepzig, für die die Einstellung von 120 Leiharbeitern auch eine Reaktion auf die demografischen Entwicklung ist. "Wir bilden natürlich auch aus." Gerade erst wurde die Zahl der Azubis von 20 auf 30 erhöht. Doch das Bahnwerk fährt längst mehrgleisig.

"Wir sind gut aufgestellt, haben volle Bücher, moderne Technik, eine tolle Mannschaft", schwärmt Otto und macht den nächsten, den neuen Zeitarbeitern Mut. "Gut qualifizierte und leistungsstarke Kollegen haben immer eine Chance auf eine Festanstellung."

Hoffnungen sind geweckt

Dirk Braband hofft darauf, aber auch Guido Schmidt. Der 43-Jährige hat einst im Bahnwerk gelernt und war zuletzt bei Q-Cells in Thalheim tätig. "Wie es da aussieht, weiß ja jeder", sagt der Dessauer, der im Oktober vorigen Jahres über die DB Zeitarbeit in das Bahnwerk Dessau kam und jetzt in der Lok-Fertigung im Einsatz ist. "Es macht Spaß. Einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner", lacht Schmidt, der sich nicht als Zeitarbeiter fühlt, aber trotzdem natürlich auf eine Festanstellung hofft. "Es sollen wieder welche eingestellt werden." Otto bestätigt das. "Wir haben sechs gute Kollegen im Blick." Die Erfolgsgeschichte im Dessauer Süden kann weitergehen.