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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Tesa-Film-Fall wird erneut verhandelt

Von THOMAS STEINBERG 06.11.2012, 19:17
Eine Frau hält eine Kleberolle tesa in der Hand. (FOTO: DPA)
Eine Frau hält eine Kleberolle tesa in der Hand. (FOTO: DPA) dpa

dessau-rosslau/MZ. - Anlass für die harsche Reaktion des Arbeitgebers: Im Februar des Jahres 2009 soll die Lehrerin in der Kleinkühnauer Grundschule zwei Schülern während des Unterrichts Tesafilm auf die Münder geklebt haben, um sie zu disziplinieren.

Lehrerin bestreitet Schilderung

Genau diesen auf einer Schilderung der Schüler basierenden Vorwurf bestritt die Lehrerin von Anfang ab. Nach ihrer Darstellung habe ein Schüler den Unterricht gestört, als sie gerade dabei gewesen sei, mit etwas Klebefilm ein eingerissenes Blatt Papier zu flicken. Der Klebestreifen gehöre wohl eher auf seinen Mund, habe sie daraufhin zu dem Schüler gesagt, der dies lachend bejaht habe. Darauf habe sie ihm ein Stück Tesa auf die Wange und nicht auf den Mund geklebt. Ein Mitschüler habe das lustig gefunden, so dass sie bei ihm die Prozedur wiederholt habe. Die Streifen seien bald abgefallen, die Jungen hätten sie, so die Lehrerin, selbst wieder angeklebt.

Das Land Sachsen-Anhalt beurlaubte die Lehrerin damals vom Dienst und kam recht schnell zu dem Schluss, dass eine Abmahnung oder die Versetzung an eine andere Schule nicht ausreiche. Nachdem es mit einer fristlosen Kündigung nicht durchkam, setzte es auf eine ordentliche Kündigung.

Kompromisslösung wird abgelehnt

Mit dieser scheiterte das Land zunächst am Dessauer Arbeitsgericht, weil es nicht bereit war, auf die dort vorgeschlagene Kompromisslösung einzugehen, nämlich eine Versetzung der Lehrerin. Ebenso hatte der Arbeitgeber mit der Berufung beim Landesarbeitsgericht in Halle keinen Erfolg.

Aus dem Urteil der Erfurter Richter nunmehr auf eine Wende im Tesa-Film-Fall zu schließen, wäre allerdings verfrüht. Zwar halten die Bundesarbeitsrichter das Verkleben des Mundes für einen so schweren Verstoß gegen Dienstpflichten und pädagogische Regeln, dass eine Kündigung gerechtfertigt wäre.

Aber: Dem Urteil aus Halle ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts eben nicht zu entnehmen, welcher Version das Gericht Glauben schenkte: der des Landes (Mund zugeklebt) oder jener der Lehrerin (Klebeband auf die Wange), was möglicherweise pädagogisch inkorrekt gewesen wäre, ohne aber eine "erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung" darzustellen.

Vorfall dreieinhalb Jahre her

Nun ist wieder das Gericht in Halle zuständig. Wohl ahnend, es könnte schwierig werden mit der Wahrheitsfindung, raten die Erfurter Richter ihren Kollegen in Sachsen-Anhalt, eventuell ein Gutachten zur Glaubwürdigkeit der Kinder in Auftrag zu geben. Ob das eine Lösung bringt, bleibt abzuwarten. Seit dem Vorfall in der Kleinkühnauer Grundschule sind mittlerweile schon mehr als dreieinhalb Jahre vergangen.