Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Nicht viel auf der hohen Kante
VON HAUKE HOFFMEISTER DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Zum Monatsende muss Anna Lippmann jeden Euro zweimal umdrehen: Der Bafög-Satz, den sie monatlich erhält, beträgt nicht einmal 100 Euro. "Würden mich meine Eltern nicht unterstützen, dann müsste ich das Studium abbrechen", sagt die Architekturstudentin. Wenn die Brieftasche ohnehin so gut wie leer ist, nützen der zugezogenen Dessauerin weder Sparbriefe noch Wertpapierdepots. Ganz zu schweigen von einer privaten Altersvorsorge - auch wenn es dafür Geld vom Staat gibt. "Mit diesem Thema habe ich mich noch nicht auseinander gesetzt", erzählt sie.
Damit ist sie in der Stadt nicht allein: Das Vermögen der Bevölkerung hier in der Region wächst zwar, und doch gehört die Region Dessau-Roßlau zu den Schlusslichtern bundesweit, was das Sparvermögen der Einwohner anbelangt. Sie liegt laut einer vor drei Tagen veröffentlichten Studie auf dem drittletzten Platz: Die Postbank ließ ermitteln, wie hoch das durchschnittliche Sparguthaben der Menschen im vergangenen Jahr war. Demnach hat der Durchschnittsbürger in Sachsen-Anhalt auf Giro- und Spar- sowie Tagesgeldkonten insgesamt 9 804 Euro angespart. Zwar erhöhten die Anleger damit 2009 ihre durchschnittlichen Ersparnisse im Vergleich zum Vorjahr um 83 Euro. Doch haben laut dem Ranking nur die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg noch weniger auf der hohen Kante liegen.
Alarmierend sind allerdings auch die regionalen Zahlen der privaten und staatlich geförderten Altersvorsorge, wie Wissenschaftler vom Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg bekannt gegeben haben. Im Auftrag der Anlagegesellschaft Union Investment veröffentlichten die Freiburger einen regionalen Vorsorgeatlas in Deutschland.
Sie untersuchten, wie viele Menschen in einer Region sich die Mühe gemacht haben, einen Antrag auf Riester-Rente zu stellen und ob sie die ihnen zustehenden Möglichkeiten genutzt haben. Die Freiburger Wissenschaftler stellten fest, dass viele erst gar keinen Antrag auf die staatliche Förderung stellen. Oder aber die monatlichen Beträge sind in den meisten Fällen zu niedrig, um die staatliche Förderung voll auszuschöpfen, wie Bernd Raffelhüschen, der Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge, erklärt.
Die Folgen sind gravierend. Denn laut dem Vorsorgeatlas fallen die monatlichen Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Region Dessau bundesweit am geringsten aus: Der durchschnittliche monatliche Rentenanspruch liegt demnach hier vor Ort bei 773 Euro. In anderen ostdeutschen Regionen haben die Rentner von Morgen höhere Ansprüche. Der Durchschnittswert aller ostdeutscher Regionen liegt bei 817 Euro. In Westen Deutschlands sind es sogar 200 Euro mehr. Umso wichtiger, sagt Raffelhüschen, sei für viele daher eine private Altersvorsorge. Doch "geriestert" wird bislang noch wenig: Laut der Studie liegt der durchschnittliche monatliche Anspruch bei der Riesterrente bei 238 Euro - bundesweit landet die Region Dessau damit auf dem 45. von 47 Plätzen.