Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Hühnerumzug mit Sack und Pack
DESSAU/MZ. - "Nun ziehen sie wohl weiter?" - Die Stimme kommt von oben und gehört Eberhard Jakisch. Was nebenan bei Hans-Knud Arndt passiert war, konnte er gut sehen - und auch hören. Denn ihr Gegacker haben die vier Hühner nicht bei sich behalten, sondern sie haben sich auch der Nachbarschaft im Kleinring mitgeteilt. Nun wird es wieder ruhig. Am Sonntag sind die "Hühner auf Nutztiertournee" weitergezogen - in die Doppelreihe. Zu unserer Familie.
Die Idee der Nutztiertournee, sagt Jackisch, die finde er nicht schlecht, aber er selber komme aus einer Landwirtschaft, "da hatten wir früher 150 Hühner. Heute habe ich damit nichts mehr am Hut", meint der Rentner.
Ich hatte früher eigentlich nichts mit Hühnern zu tun - außer, wenn ich in den Ferien bei den Großeltern und Verwandten auf dem Dorf war. Dann durften wir Kinder auch helfen, die Eier einzusammeln. Das ist viele, viele Jahre her. Doch nun habe ich mich anstecken lassen von der Idee der Nutztiertournee, die Bauhaus-Mitarbeiterin Ursula Achternkamp entwickelte. Vor allem aber habe ich auch unsere Familie überzeugt. Wenn man schon in der Bauhaussiedlung lebt, warum soll man dann den Spaß (und auch den Ernst, der hinter der Sache steckt) nicht mitmachen?
Arndts Tochter Laura, so weiß ich nun, ist traurig, dass die Hühner nicht mehr in ihrem Garten stehen. Doch die Elfjährige gibt uns viele Tipps. Was das Wichtigste ist? "Immer schön die Tür zumachen", erzählt sie, denn sonst büxen die Hühner aus. Das Hühner-Nutztier-Tournee-Experiment hatten Arndts besonders für ihre Tochter mitgemacht. "Alles lief perfekt", sagt Hans-Knud Arndt, "Laura möchte die Tiere am liebsten dauerhaft haben." Doch was passiere, wenn die Familie verreist; wer kümmere sich dann um die Tiere? Und was erst wird im Winter mit ihnen? Zu viele Fragen sind offen.
Laura jedenfalls hatte in den Ferien jede Menge Spaß, die Hühner zu umsorgen. Am Morgen öffnete sie den Stall, damit die Tiere in den Freilauf konnten, fütterte sie, gab ihnen Wasser. "Am Abend hat sie die Hühner wieder reingebracht", sagt Arndt. Laura protestiert: "Die gehen doch von selber rein." Schon, aber abschließen musste sie die Tür, damit weder Fuchs noch Marder Federn rupfen konnten...
Für die Arbeit wurden Arndts belohnt. "Jeden Tag legten die Tiere drei bis vier Eier, wir wussten schon gar nicht mehr, was wir damit alles machen sollten", erzählt Arndt. So wurde Kuchen gebacken und Eierkuchen gemacht. Vor allem aber hat er sie zur Arbeit an die Uni nach Magdeburg mitgenommen und verschenkt.
Nun ist die Zeit des Eierlegens bei Familie Arndt vorbei. Doch eine der Hennen hat am Sonntagvormittag zur Freude von Laura noch schnell eins gelegt. Doch dann nützte alles nichts. Bauhaus-Mitarbeiterin Achternkamp hielt schon große Kartons bereit, worin die Hühner für den Umzug gesteckt wurden. Das war noch leicht. Aber dann begann der schweißtreibende Akt: Erst das Gatter, dann der Hühnerstall mussten über Kleinring, Nord- und Wirtschaftsweg bis in unseren Garten gezogen werden. Eine Sache, die aufgrund des schweren, sperrigen Stalls alles andere als leicht war. Doch alle fassten zu - Arndts halfen, Ursula Achternkamp und auch Fotograf Thomas Ruttke. Alleine hätten wir das niemals geschafft.
Wir waren am Ende alle groggy - die Hühner aber hat der Umzug scheinbar nicht beeindruckt. Das Gras auf unserer Wiese schmeckt, das Scharren und Picken ging gleich munter los. Und kaum stand auch ihr Stall, wollten die Hennen hinein. Die ersten beiden Eier ließen nicht lange auf sich warten!