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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Frust, Verärgerung und ein Missverständnis

Von STEFFEN BRACHERT 25.02.2011, 19:28

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Dass Missverständnis wurde eine halbe Stunde nach dem Ende öffentlich. "Ist es eine ergebnisoffene Bürgerbeteiligung, wenn der Wirtschaftsdezernent während der Infoveranstaltung der Stadt sagt: Glauben Sie mir, am Ende werden wir obsiegen!" Da waren Frust und Verärgerung spürbar - und völlig falsche Erwartungen.

Kampf um Meinungsführerschaft

Dessau-Roßlaus Stadtverwaltung hatte am Donnerstag zu einer Informationsveranstaltung zum Thema Nordumgehung eingeladen. Schon der Titel hätte die Gegner des Projekts stutzig machen können. Bei einer Informationsveranstaltung werden Informationen gegeben. Umfangreich. Ausführlich. Und aus Sicht des Gastgebers. Die Stadtverwaltung nutzte den bis auf den letzten Platz gefüllen Ratssaal, um das Projekt Nordumgehung zu erklären und zu rechtfertigen. Es war der Versuch, die Meinungsführerschaft zu diesem Thema zurückzugewinnen. Zuletzt hatten sich vor allem die Gegner der Straße zu Wort gemeldet.

Im Ratssaal beschworen die städtischen Stadtplaner, Verkehrsexperten und Vertreter der Wirtschaft eine Kontinuität der städtischen Verkehrspolitik, die ihren Ursprung im Jahr 1992 und das Ziel hat, vor allem den Durchgangsverkehr aus dem Zentrum rauszuverlagern. In Dessau war das eine besondere Herausforderung. An der Museumskreuzung, einem der zentralsten Plätze der Stadt, trafen sich bis weit nach der Wende zwei Bundesstraßen. Die Nordumgehung ist ein letzter Baustein des Tangentennetzes - und für die Befürworter die Grundvoraussetzung, um die Kavalierstraße verkehrsberuhigen und die Innenstadt neu gestalten zu können.

Die Gegner des 14,3 Millionen Euro teuren Projekts hatten am Donnerstag auf eine ergebnisoffene Diskussion gehofft. Doch dafür ist es wohl zu spät: Dessau-Roßlaus Stadtrat hat die Nordumgehung immer wieder bestätigt. Das Planfeststellungsverfahren läuft und soll in diesem Jahr zu Ende gebracht werden. Die Realisierung ist, nach jetzigem Stand, in den Jahren 2012 und 2013 geplant.

Das Miteinander war schwierig. Ein neutraler Moderator konnte daran nichts ändern. "Eine Ansammlung von Lobhudeleien und Einseitigkeiten", beklagte Burkhard Huckestein, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz in Dessau, in der Diskussion. Die Versammlung sei eine Farce, eine Pseudobeteiligung. "Es gibt für diese Straße keine ergebnisoffene Prüfung."

Kritische Punkte wurden in der Tat nur am Rande erwähnt: Zwar wies die Stadt auf die Schwierigkeiten hin, die der Welterbe-Status des Gartenreichs und naturschutzrechtliche Auflagen mit sich bringen. "Es ist ein sehr sensibler, aber händelbarer Bereich", erklärte Hantusch. Die nicht endgültig gesicherte Finanzierung der Straße, der notwendige Abriss einer denkmalgeschützten Villa in der Wasserstadt und der Grundstückskauf durch die Oststrand GmbH auf der künftigen Trasse der Nordumgehung wurden aber erst Thema, als Kritiker gezielt nachfragten. Erst dann wurde auch deutlich, dass die geplante Entlastung der Karlstraße dazu führt, dass andere Straßen in Nord stärker befahren werden. Das aber wird in Kauf genommen. "Die Entlastungen", verteidigte Peter Maurer, Verkehrsplaner der Stadtverwaltung, die Nordumgehung, "sind aber deutlich höher, als die Belastungen zunehmen."

Nach über zwei Stunden hatten sich die Sitzreihen deutlich geleert, waren die Befürworter der Nordumgehung Befürworter geblieben - und die Gegner Gegner. Joachim Hantusch kündigte weitere Informationsveranstaltungen an, "wenn Meilensteine geschafft sind". Wann das sein wird, ist offen. Denn am Ende wird der Streit um die Nordumgehung wohl juristisch ausgetragen. Das deutete sich am Donnerstag an. In der Diskussion meldete Huckestein Zweifel an der rechtmäßigen Durchführung des Planfeststellungsverfahrens an. Ein Kritikpunkt: Die Offenlegung sei unzulässig verkürzt worden. Am letzten Tag sei der Auslegungsort, die Landesbücherei in der Zerbster Straße, geschlossen gewesen.

Streit vor Gericht wahrscheinlich

Nicht ausgeschlossen ist, dass auch naturschutzrechtliche Belange und der Streit um das Grundstück der Färberei Richter, das sich Gegner der Nordumgehung über die Oststrand GmbH gesichert haben, vor Gericht ausgetragen werden. "Auch wenn man uns das Leben schwer macht. Auch wenn beispielsweise ein Enteignungsverfahren Zeit und Geld kostet", blieb Hantusch zuversichtlich. "Am Ende werden wir obsiegen."