Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Bei Jobcenter abgeblitzt wegen simpler vier Tage
DESSAU/MZ. - Vor ihrem Erziehungsurlaub griff sie bei jedem Ein-Euro-Job-Angebot zu. Nach dem Erziehungsurlaub, sagt Stefanie Krejcik, als Friseurin viele Jahre arbeitslos, soll alles anders werden. Sie will richtige Arbeit. Doch inzwischen weiß die 25-jährige, wie steinig der Weg zum neuen, festen Job ist und dass man manchmal auch gegen Windmühlen kämpfen muss.
Als der jungen Mutter im Juni eine Zeitungsannonce in die Hände fiel, klemmte sie sich ans Telefon, willigte ein, in einer Versicherungsagentur als Telefonistin ein Praktikum zu absolvieren. Wenige Tage später war sich Krejcik mit ihrem Arbeitsvermittler einig, für ein passendes Arbeitsangebot den Erziehungsurlaub um einen Monat zu verkürzen. Der Start ins Berufsleben verlief recht hoffnungsvoll. Die Arbeit macht Spaß. Krejciks Traum ist jedoch inzwischen trotzdem wie eine Seifenblase zerplatzt.
Kundin wird zum Spielball
Nicht, dass das Versicherungsbüro kein Interesse an der jungen Dessauerin hat. "Das Jobcenter", sagt Krejcik, "blockiert mich. Ich weiß nicht mehr weiter." Eine Verlängerung ihres Praktikums um vier Tage, um das der Arbeitgeber wie die junge Dessauerin unabhängig voneinander baten, wurde rundweg abgelehnt. Das Schlimmste jedoch ist, dass die junge Frau sich nicht einmal einem Arbeitsvermittler erklären konnte, sie im Wartebereich der Behörde mehrfach immer nur erfuhr, der Arbeitgeber könne sie doch einstellen. Eine Praktikumsverlängerung gebe es nicht, auch kein Gespräch. Basta!
Stefanie Krejcik absolvierte den Probelauf in dem kleinen Dessauer Unternehmen gerade in der Zeit, als die ganze Stadt unter einer Hitzeperiode litt. Da in dem Büro die Temperaturen schon die 37-Grad Celsius-Grenze erreichten, verkürzte der Chef die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter. Manchen Tag wurde maximal zwei Stunden gearbeitet. Somit bestand nicht genügend Zeit, geschult zu werden. "Wegen dieser besonderen Umstände wollte der Chef gern mein Praktikum verlängern, um zu sehen, ob ich weiterhin gute Leistungen bringe." Dieses wurde jedoch von Amtswegen gegenüber dem Arbeitgeber abgelehnt.
Einen Tag nach dieser Absage wollte Krejcik ihren Arbeitsvermittler persönlich sprechen. Der sei nicht da, wurde ihr erklärt. Ein Gespräche habe keinen Zweck, da mit dem Unternehmen alles geklärt, eine Praktikumsverlängerung keine Option sei.
Wenige Tage später erfuhr die junge Frau, dass bei einer weiteren Praktikantin - sie stammt aus Roßlau - einer Praktikumsverlängerung unbürokratisch genehmigt worden war. "Ich war sauer, wollte für mich das gleiche Recht erkämpfen, stand wieder vor dem Tresen - und wurde einfach abgewiesen."
Zwischen Mitte Juli und Anfang August herrschte Funkstille zwischen Krejcik und dem Jobcenter, aber nicht zwischen der 25-Jährigen und dem Versicherungsbüro: "Ich weiß, dass ich immer noch die Möglichkeit erhalten würde, das Praktikum zu absolvieren", erzählt die junge Frau und ist eigentlich durch die Einblicke, die sie gewonnen hat, optimistisch. "Diese Arbeit macht mir Spaß. Ich würde gutes Geld verdienen, unsere kleine Familie könnte sich etwas leisten."
Flucht in die Verallgemeinerung
Weshalb das Jobcenter so unpersönlich auf die vielfachen Bitten von Stefanie Krejcik reagierte, kann Jens Krause, Geschäftsführer beim Jobcenter, nicht nachvollziehen. Generell entscheide der Arbeitsvermittler über die Länge eines Praktikums, stellt er klar, räumte aber auch ein, dass man die wenigen Tage durchaus hätte bewilligen können. Trotzdem hätten seinen Mitarbeiter korrekt gehandelt, meint er. Denn: jenes Versicherungsbüro hätte gegenüber dem Jobcenter ernsthafte Einstellungsabsichten äußern können. Das sei nicht erfolgt. "Wir müssen unserer Kunden auch schützen", erklärte Krause, dass manche Unternehmen Praktika missbrauchten, um Arbeitsspitzen abzudecken und von einer Einstellung anschließend nicht mehr die Rede sei. Krause räumte ein, dass dergleichen nichts vom besagten Versicherungsbüro bekannt ist.
Die Roßlauer Praktikantin ist übrigens eingestellt worden. Und Stefanie Krejcik? - Bekam noch am Tag des Gesprächs zwischen Mitteldeutscher Zeitung und Geschäftsführer Krause einen Termin bei ihrem Arbeitsvermittler. "Ich hoffe, der findet mit mir eine gute Lösung", sagt sie.