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Nach Russlands Angriff Dessau bereitet sich auf Flüchtlinge aus der Ukraine vor - Sporthalle wird Notquartier

Hunderttausende Ukrainer fliehen vor dem Krieg in ihrer Heimat. Auch in Dessau-Roßlau wird in den nächsten Tagen mit Flüchtlingen gerechnet. Hilfsorganisationen stehen bereit, die Stadt hat einen Krisenstab gebildet, die Hochschule Anhalt bringt Studenten und Lehrkräfte in Sicherheit.

Von Oliver Müller-Lorey und Annette Gens Aktualisiert: 01.03.2022, 13:43
Seit dem Wochenende wird das Bahausmuseum als Solidaritätsbekundung in den ukrainischen Nationalfarben angestrahlt.
Seit dem Wochenende wird das Bahausmuseum als Solidaritätsbekundung in den ukrainischen Nationalfarben angestrahlt. Foto: Thomas Ruttke

Dessau-Roßlau/MZ - Die Stadt Dessau-Roßlau, die Hochschule Anhalt sowie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) bereiten sich darauf vor, ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen und zu versorgen. Nach dem Überfall Russlands auf sein Nachbarland sind Hunderttausende Ukrainer auf der Flucht. Viele von ihnen bewegen sich in Richtung Westen. Polen und weitere osteuropäische Staaten haben bereits Zehntausende aufgenommen.

Stadt bildet Krisenstab

Die Stadt bildete am Montag einen Krisenstab aus mehreren Ämtern. In dem Stab sind auch externe Institutionen eingebunden. Außerdem steht eine erste Notunterkunft fest: „Als eine erste Maßnahme wurde die Einrichtung einer Notunterkunft in der Sporthalle des Berufsschulzentrums beschlossen. Diese kann mit Hilfe des Amtes für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst binnen Stunden errichtet und in Betrieb genommen werden“, sagte Stadtsprecher Carsten Sauer. In die Vorbereitungen seien auch das Städtische Klinikum und das Deutsche Rote Kreuz einbezogen.

Weiterhin richtete die Verwaltung eine E-Mail-Adresse für Bürger ein, die privaten Wohnraum für Flüchtlinge aus der Ukraine zur Verfügung stellen wollen. Helfer sollten an: [email protected] schreiben. Über eine gegebenenfalls bestehende Entschädigung werde später entschieden, so Sauer. Parallel fragt die Stadt auch bei den Wohnungsunternehmen ab, wie viele freie Kapazitäten es dort gibt.

Sowohl die Deutsche Bahn als auch die Verkehrsunternehmen anderer osteuropäischer Länder bieten Ukrainern auf der Flucht freie Fahrt ohne Ticket in ihren Zügen an. Daher wird damit gerechnet, dass auch in Deutschland die Zahl der Flüchtlinge schnell steigen wird.

Bereits vor einigen Monaten hatte das Deutsche Rote Kreuz nach der Flutkatastrophe im Ahrtal Hilfe geschickt. Auch in der jetzigen Krisensituation stehe man zusammen, sagte DRK-Geschäftsführer Ralf Zaizek. „Wir bereiten uns auf die Ankunft von Menschen, die aus dem Kriegsgebiet fliehen, vor.“ Er erwarte, dass in den nächsten Tagen die ersten kleinen Gruppen, vor allem Frauen und Kinder, in Dessau-Roßlau ankommen und diese dann betreut und versorgt werden müssten.

Ehrenamtliche wollen bei Erstversorgung helfen

Konkret bedeute das erst einmal die Sicherung von Grundbedürfnissen wie einem Schlafplatz und Nahrung sowie Getränke. „Wir stehen bereit, Feldbetten in Turnhallen aufzubauen. Meistens kommen in solchen Krisen die Hilfesuchenden am Wochenende oder nachts an, aber auch dann stehen wir bereit. Die Ehrenamtlichen sind hochmotiviert“, so Zaizek.

Freiwillige hätten auch schon signalisiert, dass sie sich vorstellen können, Ukrainer bei sich zu Hause aufzunehmen. Ähnlich wie bei der Flüchtlingswelle 2015 müsse man eine dezentrale Unterbringung favorisieren, so Zaizek. Bis zum Montagmittag lagen ihm noch keine Informationen über Flüchtlinge vor.

Da nicht klar ist, welche Hilfsgüter genau gebraucht werden, bittet das DRK darum, zunächst keine Sachspenden in der Dessauer Geschäftsstelle abzugeben. Sobald Flüchtlinge den Wunsch nach bestimmten Dingen geäußert hätten, werde man sich mit einem Aufruf an die Dessauer wenden, so Zaizek. Wer jetzt schon helfen will, kann Geld an das DRK mit dem Stichwort „Nothilfe Ukraine“ spenden. Auch die Stadt bittet darum, an allgemeine Spendenkonten wie die von den Rundfunksendern ARD und ZDF oder an Träger des Katastrophenschutzes wie das DRK zu spenden.

Hochschule bringt Studenten und Mitarbeiter in Sicherheit

Hilfsaktionen sind auch an der Hochschule Anhalt angelaufen, wie dessen Präsident Prof. Jörg Bagdahn am Montag in Dessau erklärte. An der Hochschule erhalten 70 ukrainische Studenten - die Mehrzahl am Bernburger Standort - ihr berufliches Rüstzeug. Darüber hinaus arbeiten wissenschaftliche Mitarbeiter aus der Ukraine an den Hochschulstandorten in Anhalt. Am Wochenende wurden einige Studenten und deren Angehörige, die gerade in der Heimat waren, vor dem Krieg in Sicherheit gebracht, erzählt Bagdahn. Das heißt, Mitarbeiter der Hochschule Anhalt haben Studenten und deren Angehörige an der slowakisch-ukrainischen Grenze in Empfang genommen und ins sichere Anhalt gebracht. Bagdahn sprach von etwa sieben Personen. Denn die Mehrzahl der ukrainischen Studenten war in der semesterfreien Zeit nicht in die Heimat gefahren. „Wir rechnen damit, dass noch viel mehr Menschen kommen.“ Die Hochschule habe den Geflüchteten in ihren Wohnheimen eine Bleibe gegeben.

Am Montag hat der Verein der Freunde und Förderer der Hochschule Anhalt einen Spendenaufruf gestartet. Der Verein bittet um Geld, um einerseits die Angehörigen der Studenten mit notwendigen Dingen zu versorgen. Zum anderen zeichnet sich laut Bagdahn ab, dass ukrainische Eltern ihren Kindern ein Studium im Ausland wegen des Krieges nicht mehr finanzieren können. „Genau da wollen und müssen wir helfen“, sagte der Präsident.

Friedensglocke läutet, bis der krieg vorüber ist

Die Friedensglocke läutet ab sofort zweimal täglich.
Die Friedensglocke läutet ab sofort zweimal täglich.
Foto: Thiemann

Um ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine zu setzen, war das Bauhausmuseum bereits am Wochenende in den Nationalfarben angestrahlt worden. Der Verein Friedensglocke Dessau zog am Montag nach und erklärte: „Die Dessauer Friedens- und Freiheitsglocke läutet, solange der russische Angriff auf die Ukraine dauert. Mittags um 11.45 und abends um 17.45 Uhr.“ Das Läuten dauere jeweils nur einige Schläge. Man wolle getreu der Aufschriften auf der Glocke - „Keine Gewalt“, „Ich läute für Frieden und Freiheit“ und „Ohne Frieden keine Freiheit, ohne Freiheit kein Frieden“ - ein Zeichen setzen.

Die Friedensglocke läutet nur selten. Normalerweise an Gedenktagen wie dem 9. November (Pogromnacht), 3. Oktober (Tag der deutschen Einheit) oder dem 7. März (Bombardierung Dessaus).

Spenden des Vereins der Freunde und Förderer der Hochschule Anhalt e.V.; Betreff: „Ukrainehilfe“ IBAN: DE48 8005 3722 0302 0193 67

Spendenkonto des Deutschen Roten Kreuzes; Betreff: Nothilfe Ukraine IBAN: DE63 3702 0500 0005 0233 07