Der Hebel hat sich umgelegt
Dessau/MZ. - Einstieg ins Berufsleben
Seit Oktober vorigen Jahres drückte die junge Frau mit 13 weiteren Alg II-Empfängern in der Volkshochschule die Schulbank, um ihren Schulabschluss nachzuholen. Eine Maßnahme des Jobcenters. "Ohne Abschluss haben die jungen Leute keinerlei Chancen", weiß Geschäftsführer Jens Krause. "Mit diesem Projekt wollten wir ihnen den Einstieg ins Berufsleben ermöglichen."
Die Voraussetzungen dafür sind für die meisten der Teilnehmer geschaffen: Neun der 14 haben die Prüfungen bestanden, zwei werden im nächsten Jahr wiederholen und haben auch dann gute Chancen auf
einen Abschluss. Ein Teilnehmer schaffte den Abschluss sogar mit der Note "1". Lediglich drei Teilnehmer erreichten das Ziel gar nicht. "Bei ihnen ist es nicht gelungen, die notwendigen Sozialkompetenzen wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit zu entwickeln", erklärt Sven Thiemann, Arbeitsvermittler und Betreuer der Maßnahme im Jobcenter. "Sie blieben dem
Unterricht oft unentschuldigt fern. Gespräche oder Leistungskürzungen halfen nicht." Dennoch zeigt sich Geschäftsführer Krause außerordentlich zufrieden mit dem Ergebnis. "Das ist für uns ein sehr guter Erfolg, wir hatten eher mit einer 50-prozentigen Quote gerechnet."
Nicht nur das notwendige Schulwissen wurde den Teilnehmern dieser Maßnahme vermittelt. Auch eine Sozialbetreuung und intensive Berufsorientierung gehörten zum Profil. Nicht nur bei Sabrina Rändler hat sich der "Hebel jetzt wirklich umgelegt", wie es Jens Krause formulierte. "Ich weiß jetzt, was ich will und werde das auch schaffen", so die junge Mutti. "Auch die anderen, die es geschafft haben, werden jetzt durchstarten", ist sie überzeugt.
Sabrina Rändler möchte Malerin werden. Bewerbungen für eine Lehrstelle hat sie bereits geschrieben. "Aber noch keine Antwort erhalten", bedauert sie. Doch die Hoffnung will sie noch lange nicht aufgeben. "Ich werde nächste Woche mal nachfragen." Einfach werde es nicht für sie, ahnt Jens Krause. "Maler ist eine Männerdomäne, und da haben es Frauen schwer reinzukommen." Sollte es mit einer Lehrstelle gar nicht klappen, bliebe Sabrina Rändler noch die Möglichkeit einer überbetrieblichen Ausbildung. "Dafür ist sie vorgemerkt", informierte Thiemann.
Insgesamt sechs Teilnehmer sind für eine solche Ausbildung vorgemerkt, zwei sind als Bewerber bei der Berufsberatung gemeldet und einer plant den Besuch der Abendschule, um seinen Realschulabschluss nachzuholen. "Wir werden die jungen Leute weiter betreuen, bis sie in eine Berufsausbildung vermittelt sind", so Krause.
Keine Fortsetzung
Es war das erste Projekt dieser Art und wohl auch das letzte. Die Zusammenarbeit mit der Volkshochschule lobt Jens Krause ausdrücklich. "Wir hätten diese gerne fortgesetzt, aber wir dürfen diese Maßnahme leider nicht fortführen", bedauert der Geschäftsführer des Jobcenters. Der Erwerb des Hauptschulabschlusses werde nicht als primäre Aufgabe im SGB II-Bereich gesehen, sondern sei Sache der Kultusministerien der Länder, lautet die Begründung. Allerdings fielen bei den so genannten berufsvorbereitenden Maßnahmen etliche durchs Raster, "denn dort gilt der Ausschlusstatbestand, das heißt, wer es einmal nicht geschafft hat, der ist raus."
Und das trifft etliche in Dessau-Roßlau. 50 Prozent der arbeitslosen Jugendlichen haben keinen Schulabschluss.