Vollgas nach Corona-Pause Der Franztreff in Dessau will Besuchern mehr als eine warme Mahlzeit anbieten
Wie die Mitarbeiterinnen des Franztreff jetzt Vollgas geben wollen - und warum sie gar nicht gerne aus ihrer Tür schauen.

Dessau - Endlich kann Angelika Zaizek Vollgas geben im Franztreff. Die Coronabestimmungen lassen nun auch offene Angebote zu. Und die ersten soll es dann auch gleich im Juni geben, kündigt die Leiterin des Franztreff an. „Ich freue mich sehr, dass wir jetzt auch diese Säule unserer Arbeit angehen können.“
Dabei ist es nicht so, dass in den vergangenen Lockdown-Monaten nichts passierte in der sozialen Begegnungsstätte im Quartier Am Leipziger Tor. Von Anfang an, seit Oktober vorigen Jahres, werden Bedürftige hier mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Zunächst zweimal in der Woche, inzwischen dreimal.
Die Versorgung Bedürftiger ist eine wesentliche Aufgabe der Einrichtung
Anfangs als To go-Mahlzeit, jetzt darf - unter strengen Auflagen - vor Ort gegessen werden. Die Versorgung Bedürftiger ist eine wesentliche Aufgabe der Einrichtung, die die geschlossene Suppenküche ersetzt. Das Leistungsspektrum des Franztreff, der von der Stadt finanziert und vom DRK Kreisverband Dessau betrieben wird, geht aber darüber hinaus.
„Ich sehe uns als erste Anlaufstelle mit Lotsenfunktion für die Menschen hier im Quartier“, beschreibt Angelika Zaizek das Ziel. Die Anfänge in diesem Bereich seien ebenfalls gemacht, betont sie. „Eine soziale Beratung findet schon statt, ich helfe bei Anträgen, der Praktikumsplatzsuche oder in alltagspraktischen Dingen.“
Kleiderkammer, Waschmaschine und Trockner, eine Zeitungs- und Bücherecke sind Wünsche, die sie schon „erhört“ haben
Angelika Zaizek und ihre Mitarbeiterin Heike Graubaum wollen das anbieten, was die Menschen, die zu ihnen kommen, brauchen. „Dabei gehen wir sensibel vor, drücken nichts auf, sondern hören ihnen genau zu“, so Zaizek. Eine Kleiderkammer, Waschmaschine und Trockner, eine Zeitungs- und Bücherecke sind Wünsche, die sie schon „erhört“ haben.
Nicht als Raumschiff, sondern eng vernetzt mit anderen sozialen Einrichtungen will der Franztreff agieren. Und tut das bereits. So stellt die Tafel jeden Donnerstag eine Lebensmittelkiste für das Wochenende zur Verfügung. „Daraus können sich unsere Besucher etwas mit nach Hause nehmen“, freut sich Zaizek.
Beschmierte dunkle Betonwände, herabhängende Tapetenfetzen im Hausflur sind kaum ein Willkommensgruß
Im Franztreff ist jeder willkommen, findet jeder ein offenes Ohr. Das ist die Maxime der beiden Frauen vor Ort. Allerdings haben sie mit einer großen Hürde zu kämpfen, bevor sie das ihren Gästen beweisen können: Betritt man die Franzstraße 147, wo sich der Franztreff in der ersten Etage befindet, bietet sich ein grauenhaftes Bild. Beschmierte dunkle Betonwände, herabhängende Tapetenfetzen im Hausflur sind kaum ein Willkommensgruß. Im Gegenteil. Es schreckt ab. Es würde dem Anliegen dieser Einrichtung also mehr als entgegenkommen, wenn der Flur in Kürze frische Farbe erhielte. Dann werden sicher auch Senioren oder junge Mütter gerne kommen, um sich im Franztreff zu treffen - so wie es Angelika Zaizek vorschwebt.
Zaizek und Graubaum wollen aber auch die Menschen erreichen, die den ersten Schritt nicht schaffen. Die alleine in ihren Wohnungen sitzen und kaum soziale Kontakte haben. „Und wenn wir sie nur einmal in der Woche anrufen und zeigen, dass sie eben nicht mutterseelenalleine sind“, sagt Zaizek. Wie sie den Kontakt herstellen könnten, daran arbeiten sie. (mz)