Der Glockenklang fehlt Das dreistimmige Geläut in der Kirche Sollnitz soll bald wieder läuten - dank Spenden
Das dreistimmige Geläut in der Kirche Sollnitz ist ein halbes Jahrtausend alt und muss dringend repariert werden. Die Spendensammlung dafür ist angelaufen.

Sollnitz/MZ - Nur über schmale Hühnerleitern geht es nach oben in den Glockenturm der Sollnitzer Kirche. Hier oben verbirgt sich ein Schatz: Das Geläut dreier Glocken aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Der Klang ist jedoch schon seit vielen Monaten verstummt. Das Geläut muss saniert werden. Weshalb die Kirchgemeinde eine Spendenaktion gestartet hat.
Rund 21.000 Euro werden benötigt, sagt Anja Glaß, Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, und eine von nur 27 Kirchenmitgliedern aus Sollnitz. Die Aufgabe für die kleine Gemeinde ist gewaltig. Doch als die Glocken zuletzt 2020 erklangen, war von einer Glocke ein sogenannter Läutearm gerissen. Der Schreck war groß. „Es wäre viel zu gefährlich, die Glocken weiter anzuschlagen“, sagt Glaß. Doch der Klang fehlt, „beim Gottesdienst ebenso wie im dörflichen Zusammenleben“, erzählt die Sollnitzerin. Noch im Jahr 2020 hatte die Gemeinde daher ein Gutachten für die Sanierung in Auftrag gegeben.

Das Geläut und die gesamte Läuteanlage sind von den beiden Weltkriegen verschont geblieben
Kornelius Werner, Glockensachverständiger der Evangelischen Landeskirche Anhalts, hat es erstellt und kommt ins Schwärmen: „Das Sollnitzer Geläut weist mehrere Besonderheiten auf, die es unverwechselbar machen“.
Das Geläut und die gesamte Läuteanlage sind von den beiden Weltkriegen verschont geblieben, obwohl sie schon mit Nummern versehen waren, die darauf hindeuten, dass sie für Kanonen eingeschmolzen werden sollten, weiß Anja Glaß. Doch zum Glück sind die Glocken noch da und befinden sich laut dem Glockensachverständigen außerdem größtenteils „in einem bemerkenswerten vorindustriellen Zustand“.
Das dreistimmige Dorfkirchengeläut aus Bronze ist immerhin ein halbes Jahrtausend alt. Die älteste und kleinste Glocke entstand 1463. Im Jahr 1500 wurde die zweite Glocke vom „rätselhaften Gießer Jaur in Halle“ gefertigt, heißt es in der Broschüre, die im Jahr 2000 zum 950. Jahrestag der Ersterwähnung von Sollnitz herausgegeben wurde. Die größte der drei Glocken mit einem Durchmesser von 93 Zentimetern ist die jüngste. 1590 wurde sie in der Erfurter Glockengießerei von Eckart Kucher gegossen.

Der Verschleiß im Fachwerkturm ist an den Holzjochen mit bloßem Auge zu erkennen
Trotz ihres Alters, stellt der Glockensachverständige fest, sind die Glocken über die Jahrhunderte „unverletzt“ geblieben. Nur bei der Glocke von 1463 fehlen die Kronenhenkel. Alle Klöppelhängeisen sind durchweg erhalten. „Sogar die keulenförmigen Klöppel stammen mindestens aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“, so der Sachverständige.
Aber der Verschleiß im Fachwerkturm ist an den Holzjochen mit bloßem Auge zu erkennen. Zudem ist von der obersten Glocke der Läutearm gerissen. „Das Gutachten macht uns Mut, an die Sanierung heranzugehen“, sagt Anja Glaß zum Beschluss, den der Gemeindekirchenrat kurz vorm Jahresende gefasst hat. Der bedeutet: Alle Joche, Beschläge und Lager sollen überarbeitet werden. Die Glocken erhalten neue Klöppel. Die kleinste Glocke wird in einer Manufaktur in den Niederlanden mit neuen Kronenhenkeln versehen.
2022 soll eine Leipziger Fachfirma die Arbeiten im Kirchturm ausführen
Mit Drahtgeflecht verschlossen werden sollen außerdem die Luken im Fachwerkturm, damit künftig keine Tauben hineinkommen und ihren Kot hinterlassen können. Außerdem soll ein elektronisches Läutewerk eingebaut werden. „Die Zeit, in der drei Männer die Glocken von Hand geläutet haben, soll endlich vorbei sein“, begründet Anja Glaß.

Fünf Angebote hat die Gemeinde sich eingeholt. 2022, so das Ziel, soll die Leipziger Fachfirma Zachariä die Arbeiten im Kirchturm ausführen. Im Gange ist dafür jetzt die Spendensammlung. „Für ein funktionierendes Glockengeläut im Ort interessieren sich erfahrungsgemäß sehr viele Menschen“, so der Glockensachverständige Kornelius Werner. Auch mit dieser Einschätzung macht er der kleinen Kirchgemeinde Mut, dass sie das Geld zusammenbekommt.
Spendenkonto: Kirchgemeinde Sollnitz/Kleutsch, DE42 8009 3574 0001 0177 64 bei der Volksbank Dessau, Stichwort: Glocken