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Chor-Jubiläum Chor-Jubiläum: Seit 20 Jahren viel Freude am Gesang

Von Ute Hartling-Lieblang 04.03.2002, 18:15

Wulfen/MZ. - "Lass mal, die singt nicht lange", hatte Sohn Thomas vor rund 20 Jahren zum Vater gesagt, als seine Mutter - damals frischgebackenes Mitglied im Wulfener Frauenchor - öfter mal trällernd durchs Haus lief. Schmunzelnd erzählt Waltraud Schmeichel - heute Vorsitzende des Chores "Harmonie" - diese kleine Episode, während sie bis über beide Ohren in den Vorbereitungen für das 20-jährige Jubiläum steckt.

Gefeiert wurde am vergangenen Sonnabend im "Goldenen Engel" und Waltraud Schmeichel hielt die Festrede. "Es war ein rauschendes Fest", sagt die Vorsitzende rückblickend. Auch für Chorleiter Dieter Scipio, der die derzeit 22 Sängerinnen seit 1988 professionell anleitet, war diese Jubiläumsfeier ein freudiges Ereignis. Scipio, der noch drei weitere Chöre in der Region betreut, hat am Gedeihen des Wulfener Chores einen wesentlichen Anteil. Nicht nur das Liedgut hat sich unter seiner Leitung verändert.

"Die Stücke sind anspruchsvoller geworden", sagt Waltraud Schmeichel. Manchmal müssen die Frauen gleich mehrere A4-Seiten voller Noten einstudieren, nicht selten auch lateinische Texte singen. Mittlerweile umfasst das Repertoire des Chores 156 Lieder, darunter auch Auszüge aus Opern und Kantaten. Das ist nur mit intensiver Probenarbeit zu schaffen. "Streng, aber gerecht" geht Scipio dabei zu Werke und versteht es, die Frauen zu motivieren.

"Natürlich schwatzen wir auch mal. Wenn man sich eine Woche nicht gesehen hat, gibt es immer was zu erzählen", meint Waltraud Schmeichel. Aber dann sei wieder höchste Konzentration angesagt. Auch wer gerade nicht in die Probe einbezogen ist, sei gut beraten, die Noten mitzulesen.

Jeden Mittwoch treffen sich die Sängerinnen zur Probe, bei Wind und Wetter, immer von 19 bis 21 Uhr. "Wir könnten noch einige junge frische Stimmen brauchen", wirbt die Vorsitzende des Frauenchores. Die Proben finden im Wechsel einmal in der Wulfener Schule und einmal im Zabitzer Gemeinderaum statt. Gefehlt hat Waltraud Schmeichel, die eine der Altstimmen singt, in den vielen Jahren eigentlich nur im Urlaub oder bei Krankheit.

Gemeinsam mit sechs anderen Frauen hat die Drosaerin den Chor im März 1982 aus der Taufe gehoben. Chorleiter war in den Anfangsjahren der Musikpädagoge Jürgen Würker. Zu den Frauen aus Drosa, Wulfen und Dornbock gesellten sich 1984 auch Sängerinnen aus Zabitz, die bis dahin ihren eigenen Chor hatten. Heute sind auch einige wenige Mitglieder aus Nachbarkreisen im Wulfener Chor, der sich seit 1995 "Harmonie" nennt. Einen Namen, den sich die Frauen selbst ausgesucht haben. Zwischen 38 und 70 Jahre jung sind die Chormitglieder. Seit 1997 gehört der Frauenchor "Harmonie" dem Deutschen Sängerbund an.

Ihre ersten Auftritte hatten die Frauen bei Rentnerveranstaltungen und zu Jugendweihen. Das war noch vor der Wende. Der erste große Auftritt danach war im Theater Köthen. 1993 traten die Wulfener Sängerinnen dort im Rahmen der Aktion Sorgenkind gemeinsam mit anderem Chören auf. "Danach haben wir auch unsere erste und einzige Musikkassette produziert", erzählt Waltraud Schmeichel. Sie hat dies alles in einer Chronik festgehalten.

Am meisten schwärmt die Vorsitzende aber von den Auftritten zur Weihnachtszeit. "Da sind wir zusammen mit den drei anderen Chören, die Dieter Scipio leitet, jedes Adventwochenende in einer anderen Kirche zu Gast." Der gemischte Chor Radegast, der Stadtchor Zerbst und der Kirchenchor von St. Marien Sandersdorf bilden dann eine einzige große Sängergemeinschaft bei diesen etwa zweistündigen Konzerten. Die Auftritte sind inzwischen so beliebt, dass die Stühle in den Kirchen oft nicht ausreichen.

Die drei befreundeten Chöre waren am Samstag natürlich auch Gäste der Jubiläumsveranstaltung im "Goldenen Engel." Jedes Jahr lädt auch der Deutsche Sängerbund zu einer großen Veranstaltung ein und auch der Sängerkreis Askanien, dem die Wulfener ebenfalls angehören.

"Wir singen aus Passion", sagt Waltraud Schmeichel und verschweigt auch nicht, dass die Auftritte des Chores inzwischen für jene, die sie zu bestimmten Anlässen einladen, nicht kostenlos sind. "Wir müssen uns schließlich selbst finanzieren, die Noten und auch der Chorleiter kosten Geld, die Chorkleidung ebenso."

Früher habe man die Garderobe schneidern lassen, heute kann man sich das kaum noch leisten. Da werden auch gleich mal die passenden Blusen im Katalog bestellt. Schwarz weiß ist zu Weihnachten Pflicht, zwischendurch können es auch mal Blusen in Pink sein, und für das kommende Frühjahr haben sich die Frauen Röcke und Blusenjacken angeschafft.

Finanzielle Unterstützung hat der Chor alljährlich auch von der Gemeinde Wulfen erhalten. Die anderen Gemeinden, aus denen Frauen im Chor singen, haben sich damit aber bisher zurück gehalten. Ähnlich sieht es auch mit den Auftritten aus. Beim Hoffest in Bobbe ist der Chor "Harmonie" alljährlich gern gesehen. Aus Wulfen und Drosa seien allerdings bisher kaum Anfragen gekommen, bedauert die Vorsitzende.

Zwanzig Jahre in der Geschichte eines Chores sind keine Ewigkeit. Dennoch sind die Frauen stolz darauf, dass der Gesang sie schon so lange vereint. Auch wenn die eine oder andere den Chor inzwischen verlassen hat und neue Stimmen hinzugekommen sind. Was die Frauen zusammenhält, sind viele gemeinsame Erinnerungen an schöne Auftritte und Feiern, wie z. B runde Geburtstage oder ein gelegentliches Abendessen nach der Probe. "Wir vergessen aber auch jene nicht, die bereits verstorben sind", sagt Waltraud Schmeichel. Regelmäßig werden daher Blumengestecke gekauft und an die Gräber der zwei Zabitzer und zwei Drosaer Frauen gebracht, die einst mit ihnen das schöne Hobby des Chorsingens geteilt haben. Auch das gehört zur Geschichte des Chores. Deshalb wurde bei der Jubiläumsfeier im "Goldenen Engel" auch an sie erinnert.