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Politisches Beben in Dessau-Roßlau Nach Kritik an Wahl von AfD-Mann: Dessau-Roßlaus CDU-Chef Kellner zieht Konsequenzen

Weil er einem AfD-Mann in der Wahl um einen Ausschuss-Posten seine Stimme gab, musste der CDU-Kreisvorsitzende Florian Kellner viel Kritik einstecken. Nun zog er Konsequenzen. Was die CDU zum Rücktritt sagt. Wie es jetzt weitergeht.

Von Oliver Müller-Lorey Aktualisiert: 26.08.2024, 18:16
Florian Kellner
Florian Kellner Müller-Lorey

Dessau/MZ. - Der aus Mildensee stammende CDU-Stadtrat Florian Kellner ist nicht länger Kreisvorsitzender seiner Partei in Dessau-Roßlau. Entsprechende Informationen der MZ bestätigte Kreisgeschäftsführerin Anne Neumann am Montag. Ein Schreiben mit der Erklärung, den Posten des Kreisvorsitzenden abzugeben, sei am Wochenende bei ihr angekommen, sagte Neumann.

Bis auf weiteres werde das Tagesgeschäft von der Geschäftsstelle abgedeckt, weitreichende politische Entscheidungen werde der geschäftsführende Vorstand treffen, wenn dies vor der Neuwahl eines Kreisvorsitzenden nötig sei. Kellner war erst im August 2023 in das Amt gewählt worden.

Florian Kellner zieht die Konsequenzen aus seinem Wahlverhalten im Dessau-Roßlauer Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus

Kellner zieht mit seiner Entscheidung Konsequenzen aus seinem Wahlverhalten im Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus in der vergangenen Woche. Am Donnerstag stand im Ausschuss die Wahl des stellvertretenden Vorsitzenden an. Das Gremium leitet Andreas Mrosek von der AfD. Zur Wahl des Vizes standen Martin Grünthal (Pro Dessau-Roßlau) und Burghardt Ratzmann (AfD). In der offenen Wahl stimmte Kellner als einziger Stadtrat außerhalb der AfD zweimal hintereinander für Ratzmann. Weil Stimmengleichstand mit Grünthal bestand, entschied schließlich das Los, das auf Ratzmann fiel. Damit gibt es erstmals in der Geschichte Dessau-Roßlaus eine AfD-Doppelspitze in einem Ausschuss.

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Kellner hatte nach der Wahl erklärt, Ratzmann sei „nicht durch negative Äußerungen aufgefallen“. Deshalb gebe es keinen Grund für ihn, ihn nicht zu wählen. Bei der Landes-CDU kam das nicht gut an. Generalsekretär Mario Karschunke betonte gegenüber der MZ: „Unsere Grundsatzbeschlüsse zum Ausschluss strategischer und institutioneller Zusammenarbeit gegenüber der AfD gelten, hieran wird sich nichts ändern.“ Die Brandmauer stehe fest. Er ergänzte: „In den Kommunen haben sich die Mehrheitsverhältnisse verschoben. Für uns ist wichtig, dass wir in Sachthemen gesprächsbereit bleiben und Entscheidungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger treffen.“

Kellner selbst wollte sich am Montag nicht zu seiner Entscheidung, zurückzutreten, äußern. Weder bestätigte noch dementierte er seinen Rücktritt. Auch zu den Gründen sagte er nichts.

CDU-Fraktionschef Eiko Adamek will Kellners Wahlverhalten nicht bewerten: „Ich hätte nicht so abgestimmt“

CDU-Fraktionschef Eiko Adamek gab sich auf die Frage, wie er das Abstimmungsverhalten seines Parteifreunds einschätze, diplomatisch. „Ich hätte nicht so abgestimmt“, sagte er. Grundsätzlich gebe es laut CDU-Geschäftsordnung keinen Fraktionszwang bei Abstimmungen. „Jedes Mitglied ist da frei in seinen Entscheidungen. Die Geschichte am Donnerstag war spontan, da muss jeder umso mehr selbst entscheiden, wie er sich verhält“, so Adamek.

Er stellte klar, dass eine Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene mit der AfD unumgänglich sei. „Wenn sich jemand hinstellt und sagt, er stimmt grundsätzlich nicht zusammen mit der AfD für etwas, stimmt das nicht. Das fängt schon bei der Genehmigung der Tagesordnung an“, so der Fraktionsvorsitzende. Er sagte aber auch ganz klar: „Bei unsachlichen Themen, die die AfD einbringt, werden wir konsequent dagegenhalten. Das sehen auch alle in der Fraktion so.“

Dass der Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus nun von einer AfD-Doppelspitze geführt wird, hält Adamek für unklug. „Ich finde, es ist eine Frage der politischen Hygiene, Vorsitz und Stellvertretung an unterschiedliche Fraktionen zu geben.“ Als Bauausschussvorsitzender werde er am Donnerstag Marco Egelkraut (Pro Dessau-Roßlau) als seinen Stellvertreter vorschlagen.

Martin Grünthal zeigt sich befremdet über das Abstimmungsverhalten von CDU-Mann Florian Kellner

Martin Grünthal (Pro Dessau-Roßlau), der am Donnerstag gegen Ratzmann angetreten war, erklärte, er sei „befremdet“ gewesen, als er das Abstimmungsverhalten Kellners gesehen habe. „Für mich ist das bedenklich, dass jemand von der CDU so entscheidet“, sagte er. Er könne sich nicht erklären, warum Kellner so abgestimmt habe, sehe das Votum aber als Zeichen für Ratzmann und nicht gegen ihn. „Vielleicht hat er so entschieden, weil er Herrn Ratzmann länger kennt und niemanden wählen wollte, den er nicht so gut kennt. Herr Kellner und ich hatten bislang jedenfalls keine Berührungspunkte.“

Für Beobachter wirkte die Nominierung Grünthals von sich selbst als spontane Entscheidung, um eine Alternative zu Ratzmann zu bieten. Dem sei nicht so, sagte der Stadtrat. „Ich war schon einmal stellvertretender Vorsitzender in einem Wirtschaftsausschuss. Wirtschaft war mein Thema während des Wahlkampfes. Das macht mir Spaß und ich hätte das Amt sehr gerne vertreten“, sagte er.