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Kandidaten im Gespräch Bundestagswahl 2017 - Kandidaten im Gespräch: Jörg Schnurre (FDP) -

12.09.2017, 12:17
Jörg Schnurre auf dem Dessauer Marktplatz.
Jörg Schnurre auf dem Dessauer Marktplatz. Lutz Sebastian

Dessau-Rosslau - Auf seinen Wahl-Flyern klebt eine 50-Cent-Münze, die nicht nur die Besucher des Roßlauer Schifferfestes gern entgegen nahmen. Jörg Schnurre denkt praktisch: „Was soll ich das Geld in teure Wahlplakate investieren, wenn ich den Menschen direkt zurückgeben kann, was die Wirtschaft ankurbelt.“ Wenn auch in kleinerer Stückzahl, Plakate des FDP-Bundestagskandidaten gibt es trotzdem. Jörg Schnurre findet es an der Zeit, dass ein Dessau-Roßlauer im Bundestag sitzt, verrät er im Gespräch mit MZ-Redakteurin Annette Gens.

Herr Schnurre, aus Ihnen wird man nicht schlau, erst wählten Sie eine Referentenstelle, dann die Selbstständigkeit. Und nun wollen Sie in den Bundestag?

Jörg Schurre: Das alles schließt sich doch nicht aus. Es war schon lange mein Traum, selbstständig zu arbeiten. Ich habe Peter Kuras bei seinem Start als Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister gern unterstützt und meine eigenen Pläne für einen digitalen Kunsthandel zu bezahlbaren Preisen zurückgestellt. Es war aber von Anfang an klar, dass meine Zeit im Dessauer Rathaus begrenzt sein wird. Ich wollte mir den Traum von der Selbstständigkeit erfüllen. Und weil ich ein politischer Mensch bin, will ich mich in Bundespolitik einmischen.

Und leben Sie Ihren Traum, wie geht es Ihrer Firma?

Sie ist seit 2016 im Handelsregister eingetragen. Aber sie ist noch nicht aktiv, weil ich erst starten kann, wenn die Förderungsbestätigung eingetroffen ist. Die Banken haben leider noch keine Erfahrung mit digitalen Geschäftsmodellen und damit verbundenen Förderungen. Da sind wir mitten im Problem, das viele Gründer haben. Man nimmt nicht zur Kenntnis, dass sich die Arbeitswelt verändert hat und man sein Geld auch im Internet verdienen kann.

Warum leben Sie in Dessau-Roßlau ?

Man kann in der Region sehr gut leben. Wer wie ich digital unterwegs ist, der ist ja auch ein Stück weit unabhängig. Ich betrachte genau das - Leben und Arbeiten in einer ländlichen Region, und trotzdem nah genug an zwei Großstädten zu sein - als Vorteil. Leider haben den viele noch nicht erkannt. Ich wünschte mir mehr Angebote an Selbstständige, die sich nicht dem Wahn teurer Wohnungs- oder Büromieten in Metropolen aussetzen wollen.

ist 37 Jahre alt. Der Sozialwissenschaftler stammt aus Wulfen. Schnurre wurde nach seinem Auslandseinsatz 2010/2011 für die Bundeswehr in Afghanistan als Hauptmann der Reserve aus dem Dienst entlassen und arbeitete unter anderem in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. 2014 bis 2016 war er die rechte Hand des Dessau-Roßlauer Oberbürgermeistern Peter Kuras (FDP), dessen Referat er leitete.

2016 ist Schnurre als freier Berater tätig. Seit September 2016 ist er Geschäftsführer des Unternehmens „Pinkwhy“, das online mit Kunst handelt.

mag am Sport Ausdauertraining, Wandern und Bungee-Jumping. Er interessiert sich für Neue Geschichte und Politik. Vor zwei Jahren wurde Jörg Schnurre Mitglied der FDP und ist inzwischen Bundestagskandidat der Liberalen aus Dessau-Roßlau und Wittenberg.

Was könnte man tun?

Die Frage ist, wie es uns gelingt, mittlere Städte neu zu beleben. Die Zeit, auf große Industrieansiedlungen zu warten, ist vorbei. Chancen für die Städte sehe ich, indem für Gründung und Innovation bessere Bedingungen geschaffen werden.

Was schlagen Sie vor?

Ich würde leerstehende Wohnungen Gründern, Auszubildenden und Kreativen anbieten - alternativ zum Abriss.

Ihre Partei will das Arbeitszeitgesetz ändern auf 48 Stunden Mindestarbeitszeit. Finden Sie das gut?

Das ist notwendig. Denn es fehlt darin die Flexibilität der modernen Welt. Es geht nicht darum, dass alle Menschen 48 Wochenstunden arbeiten müssen.

Sondern?

Jeder Mensch sollte entscheiden, wann er Arbeitszeit investiert und dafür Zeitkonten anspart, um dann bei Gründung einer Familie auch mal kürzertreten zu können. Das würde vielen bei ihrer Lebensplanung entgegen kommen. Oder ein anderes Beispiel: Warum muss Mitarbeiter XY denn acht Stunden im Büro anwesend sein? Oder weshalb muss der Bürger bis 18 Uhr beim Amt sein, um einen Bauantrag zu stellen? Ist das noch zeitgemäß?

Sie könnten in einer Kommune viel bewegen...

Für die Arbeit in Berlin ist es gut, wenn man kommunalpolitische Erfahrungen hat. Für ein bisschen frischen Wind in Berlin kann ich sorgen.

Wofür wollen Sie sich in Berlin stark machen?

Ich würde mich für eine moderne Dienstpflicht für Frauen und Männer einsetzen, damit sie eine Verbundenheit zu ihrem Land bekommen. Man nimmt so vieles als selbstverständlich hin. Aber das ist es eben nicht! Ich glaube, dass diese Dienstpflicht mehr Verständnis für Politik und Gesellschaft befördern würde.

Wo haben Sie sich zum ersten Mal in Politik eingemischt?

Ich war 13 und hatte in Köthen ein Faible für Graffiti, die damals nur als Schmiererei wahrgenommen wurden. Wir haben uns die erste öffentliche Graffitiwand erkämpft. Nach einigen Jahren hatte sich das Verständnis für Graffiti gewandelt. Man kann etwas bewirken. Auch heute mische ich mich gerne ein.

(mz)