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Buchladen im Bauhaus Dessau Buchladen im Bauhaus Dessau: Sabine Gatniejewski geht nach 20 Jahren

Von thomas altmann 11.12.2013, 20:06
Sabine Gatniejewski - die Buchhändlerin geht.
Sabine Gatniejewski - die Buchhändlerin geht. altmann Lizenz

dessau/MZ - Wie viele Bücherregale verträgt die Moderne? Kollidiert die angestaubte Insigne des Bildungsbürgers mit der Transparenz des aufgeräumt aufgerissenen Raumes? Fest steht: Sabine Gatniejewski packt Kisten und geht. Der Buchladen im Souterrain des Weltkulturerbes, im alten Heizungskeller des Bauhauses Dessau schließt zum Ende des Jahres. Das neue Besucherzentrum ist eröffnet, ein Museumsshop, der auch Bücher führt. Gatniejewski hatte sich beworben, bekam den Zuschlag und geht dennoch. Warum?

Mit Herz und Seele

„In so einem Haus erwarte ich ein gut sortiertes, tiefgehendes Buchsortiment. Das war so nicht gewollt“, sagt Gatniejewski. Von ihrem Konzept sei nicht viel geblieben. Bücher sollten nur noch 30 bis 40 Prozent des Angebotes ausmachen. „Da bin ich Buchhändlerin mit Herz und Seele“, sagt sie und packt. Zudem sehe sie in der Größe, in den damit verbundenen Kosten ein Risiko. Leichte Skepsis äußert sie auch in Richtung Zukunft, insofern das Besucherzentrum erste Anlaufstelle des Museums in spe werden solle. Und schließlich habe es Differenzen auf persönlicher Ebene gegeben.

Begonnen hat die Geschichte 1994 auf der Treppe im Bauhaus, in einer hölzernen Installation, mit zwölf Quadratmetern Buchladen. Ein Brett in der Mitte, Tür auf Tür zu und außen herum: Erster Pächter des schrägen Verschlages war die Evangelische Buchhandlung. Gatniejewski arbeitete seit 1983 in dieser Buchhandlung, die gerade in das Bodelschwingh-Haus wechselte. Unter Direktor Rolf Kuhn zog, wenn man so will, die Innere Mission mit einer Filiale in das Bauhaus. Als die Evangelische Buchhandlung 1996 privatisiert wurde, übernahm Gatniejewski den Laden auf der Treppe. Dann kam Omar Akbar. „Das geht so gar nicht“, habe der neue Direktor gesagt und schon ging es treppauf.

Gatniejewski leistete sich einen "individuellen Touch"

„Eine sehr kreative Zeit“, sagt Gatniejewski. Das Angebot konnte erweitert werden. Der Focus lag auf den Themen Kunst, Architektur und Design. Blättern, stöbern, suchen - diese Buchhandlung wurde zur Fundgrube, zum Ideengeber. Neben der Spezialisierung gab es da noch diesen „individuellen Touch, den ich mir immer geleistet habe: Bücher hinzulegen, die ich selber gut finde, von mathematischen Büchern über Belletristik bis hin zur Reiseliteratur; oder zu zeigen: Es gibt Kinderbücher, die sind einfach klasse“, sagt sie.

Zu Büchern, Kunstpostkarten, Kunstdrucken gesellten sich Teedosen und Tischleuchten, Re-Design, das schöne Ding. Der Aufbau dieses Sortiments habe gedauert. Oft hätten sich Firmen gegen die Auswahl nur einzelner erlesener Produkte gesträubt. So sei zwei Jahre verhandelt worden, bis sie das Gropius-Geschirr von Rosenthal anbieten konnte. Zudem gab es die Belieferung von seltenen Karten durch Raman Schlemmer oder eine Zusammenarbeit mit den Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Die Bauhausschülerin Benita Koch-Otte leitete ab 1934 die dortige Weberei. Dann hingen Hocker in der Luft, Lampen leuchteten im Buchladen: Ausstellungen in Kooperation mit den Firmen Tecta und Technolumen, oder der Firma Rasch, eine Tapetenausstellung im Haus Gropius, welches Gatniejewski zwischenzeitlich bespielte. Auch Papierfaltkünstler tagten und falteten im Buchladen.

Schön ja, leicht nie

Schön sei es gewesen, leicht nie, unsicher zuweilen. So suchte die Buchhändlerin immer nach zweiten Standbeinen, fand sie auf Zeit in Warnemünde oder auf Rügen. Geschichte ist zudem der Buchstand in der Schaltwarte des Kraftwerks Vockerode zur Expo 2000. Mit der Sanierung des Bauhauses zog die Buchhandlung treppab, in den Heizungskeller. Nun gab es keine Ausstellungen mehr, aber Lesungen, etwa die von Monika Maron oder Clemens Meyer in Kooperation mit der Mitteldeutschen Zeitung. Und Hans-Joachim Maaz ist ohnehin Dauergast.

Und nun? Alles aus? „Nun werde ich eine von denen, über die ich immer geschimpft habe. Ich gehe ins Internet“, sagt Gatniejewski. Nicht nur, ein Buchkontor richte sie ein. Es werde weiter Lesungen geben, auch einen Workshop für Grundschulkinder mit der begnadeten Illustratorin Jutta Bauer. Aber vorerst geht es in die Marienkirche; und im Heizungskeller läuft ihr letztes Weihnachtsgeschäft im Bauhaus. Ob sie zuweilen Staub von den Büchern sauge? Sabine Gatniejewski lacht. Lieber lesen?