Boxen Boxen: Sein letzter Kampf

Dessau/MZ - Warum sollte Steven Kitzing lügen? „Wer vor so einem Kampf nicht ein bisschen aufgeregt ist, der ist einfach nur komplett abgebrüht“, sagt der Kühnauer und gibt zugleich zu, dass es bei ihm momentan etwas anders aussieht: „Natürlich kribbelt es.“
Und dieses Kribbeln wird noch schlimmer werden: Spätestens am Samstagabend, wenn Steven Kitzing zu seinem Abschiedskampf in den Ring der Anhalt-Arena steigt, wird es seinen Höhepunkt erleben. „In Dessau zu kämpfen, ist für mich immer ein ganz besonderes Highlight“, sagt Kitzing.
Einer von ihnen
Der Kampfsportler wurde in Dessau geboren. Hier ist er aufgewachsen, hier hat er Freunde und Familie, hier liegen seine Wurzeln. Im Alter von 16 Jahren begann Kitzing beim PSV Dessau mit dem Boxen. „Aber damals hatte man auch noch andere Flausen im Kopf“, muss er heute schmunzeln. Lange stand Kitzing nicht im Ring, wenig später ging er zur Marine. Erst mit 26 entdeckte er seine Leidenschaft für das Kickboxen.
Acht Jahre sind inzwischen vergangenen, und Steven Kitzing hat sich in der Szene längst einen Namen gemacht. Europameister, Deutscher Meister: Der gebürtige Dessauer hat einiges vorzuweisen - und das, obwohl nicht immer alles so einfach war. „Ich konnte mich ja nie wirklich professionell auf einen Kampf vorbereiten“, sagt Kitzing, der seit 2000 Berufssoldat bei der Deutschen Marine und in Rostock beziehungsweise Warnemünde stationiert ist. „Wenn wir im Hafen gelegen haben, dann habe ich eben Sandsacktraining gemacht oder bin Joggen gegangen“, sagt der Kampfsportler und ist sich sicher: „Ich habe das Beste aus meinen Möglichkeiten gemacht.“ Und nun soll also Schluss sein. Mit 34 Jahren. Die Familie rückt in den Vordergrund.
Die dritte Dessauer Boxnacht, die am Sonnabend, 19 Uhr, beginnt, soll der krönende Abschluss einer erfolgreichen Karriere werden. „Da wo einst alles angefangen hat, soll es auch enden“, hatte Enrico Schnurre vom PSV 90 Dessau schon auf der offiziellen Pressekonferenz vor einigen Wochen gesagt. Nun wird es allmählich ernst: 300 Zuschauer aus dem Kühnauer Kitzing-Fan-Lager haben sich bereits angekündigt. Die Handballer der SG Kühnau möchten nach ihrem Auswärtsspiel ebenfalls beim Kampf dabei sein. Früher hat Kitzing schließlich selbst einmal Handball gespielt. Er ist einer von ihnen.
Sein Leben, seine Regeln
Und er ist einer, den man nicht so schnell von seinem Weg abbringt. Im Internet kursiert ein Bild mit Kitzing, auf dem englisch geschrieben steht: My Life, my Rules. Übersetzt: Mein Leben, meine Regeln. Steven Kitzing möchte das nicht falsch verstanden wissen. „Ich bin kein Aussätziger, so etwas wird ja oft falsch interpretiert“, sagt er, meint aber auch: „Ich bin immer geradlinig meinen Weg gegangen.“
Steven Kitzing ist ehrlich. Warum sollte er lügen? Ja, er ist aufgeregt. Und ja, er hat vielleicht auch seine Ecken und Kanten - aber geht immer in eine Richtung, geradeaus. Eine kleine Hintertür lässt Steven Kitzing dann aber doch offen. Er wird am Sonnabend seinen letzten Kampf bestreiten - zumindest vorerst, denn fithalten wird er sich auch nach dem Fight, egal ob Sieg oder Niederlage. „Vielleicht bin ich bei der fünften oder sechsten Dessauer Boxnacht ja wieder dabei.“