Bogensport Bogensport: Höchste Konzentration

dessau/MZ - Die Vorbereitungen auf das Schießen verlaufen exakt. Erst baut Tino Pfister seinen Bogen zusammen, fügt alle Einzelteile gewissenhaft aneinander. Danach legt er sein Sportgerät beiseite und erwärmt sich. Schultern, Ellenbogen und Hände, kein Gelenk und keinen Muskel vergisst er dabei. Erst dann tritt er an die Schießlinie und legt den ersten Pfeil ein.
Pfister ist in seinem Element. Der dreifache Deutsche Jugendmeister scheint sofort in den berühmten „Tunnel“ abzugleiten, ist hochkonzentriert. Der 18-Jährige schiebt bei jedem einzelnen Schuss, egal ob Training oder Wettkampf, alle negativen Gedanken weg. Ihn umgibt dabei eine Sphäre von absoluter Ruhe. „Die größte Stärke eines Bogensportlers ist die Konzentration und innere Ruhe“, nickt der Dessauer, der auch öfter mal bei einem Schuss im Training die Augen schließt. „Damit ich den Ablauf des Schusses besser verinnerlichen kann. In diesem Moment schalte ich alle äußeren Reize ab“, erzählt er.
Denn der Weg zum Meistertitel führt wie bei jeder sportlichen Disziplin über das Einüben eines Bewegungsablaufs. Pfister ist einer der wenigen Freizeit-Bogensportler, der das einstudierte motorische Programm immer wieder perfekt abrufen kann. Dabei schießt er erst seit knapp sechs Jahren. Im September 2007 spannt Pfister das erste Mal seinen Bogen für den BSC Dessau. Von klein auf war er, wie wohl jeder Junge, vom Umgang mit Pfeil und Bogen begeistert. Seine verheißungsvolle Sportkarriere begann, als er bei einem Sportfest der Stadtwerke Dessau einen Info-Stand des Clubs entdeckte. Nach dem ersten Training war er „Feuer und Flamme“, wie er sich erinnert, und kann sich seitdem seine Freizeit ohne den Bogensport überhaupt nicht mehr vorstellen.
Seinen sportlichen Durchbruch feierte er bei der Deutschen Hallenmeisterschaft 2010 in Nieder- Florstadt, wo er in der Klasse U17 mit dem Jagdbogen Silber holte und sich zusammen mit seinen Teamkollegen Paul Knoche und Michelle Marie Sößer Mannschaftsgold sicherte. Nach einem Jahr Pause feierte er 2012 ein starkes Comeback, das er mit dem Deutschen Hallentitel in Dessau krönte. Die Gesamtdeutschen Hallenmeisterschaften richtete nämlich im vergangenen Jahr sein Heimatverein aus. „Auf diesen Titel bin ich besonders stolz. Es war ja auch meine erste Goldmedaille“, erinnert sich Pfister gern zurück.
Seit diesem ersten Titelgewinn ist er aus der deutschen Jagdbogen- Elite nicht mehr wegzudenken. Nach dem Gold in der Halle folgte im September 2012 der Titel bei der Freiluftmeisterschaft in Magdeburg. Vor wenigen Tagen gewann er dann bei der Hallenmeisterschaft für Bögen ohne Visier in Seehausen ebenfalls Gold.
Mit drei Gold- und einer Silbermedaille in Einzelwettbewerben bei Deutschen Meisterschaften ist er einer der besten aktiven Sportler seines Vereins, dessen Erfolgsbilanz er damit kräftig aufpolierte. Der passionierte Radfahrer lässt dabei so gut wie keine Trainingseinheit aus. Bei den Reisen zu den Wettkampfstätten unterstützen ihn seine Großeltern und sein Vater.
Pfister ist ein typischer Wettkampfsportler, der die Konkurrenzsituation liebt. „Wenn ich an der Linie stehe, fühle ich mich durch jeden guten Schuss des Gegners angespornt, einen noch besseren Treffer auf der Scheibe zu platzieren“, sagt er. Platzierungen außerhalb der Top drei sind für Pfister Rückschläge. „Umso eine Niederlage am besten verarbeiten zu können, würde für mich nur eine Verbesserung meiner eigenen Leistungen in Betracht kommen“, meint der 18-Jährige selbstkritisch.
Neben seiner Leidenschaft Bogensport steht für ihn die Berufsausbildung im Zentrum. Nach seinem Schulabschluss absolviert Pfister gerade ein berufsvorbereitendes Jahr im Metallbau. Präzision, ein gewissenhafter Umgang mit den Materialien und die unbedingte Konzentration auf seine Arbeit sind auch Eigenschaften, die Pfister auch gern auf den Bogensport anwendet.
Mittlerweile hält der Jagdbogenschütze sechs Rekorde auf Landesebene und sogar vier Deutsche Rekorde. Dabei liegt ihm besonders das Schießen in den Fita-Disziplinen. Dabei nutzt Pfister gern die vorgegebene Schießzeit vollständig aus. Die brauche er schließlich auch, um sich perfekt auf jeden einzelnen Schuss konzentrieren zu können. Die Konkurrenz kommentiert dies schon einmal gern mit ungläubigem Kopfschütteln. Vermutlich auch angesichts der besseren Leistungen des BSC-Juniors. Der Erfolg gibt ihm Recht.