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Blitzer auf Wunsch Blitzer auf Wunsch: Gedankenlos durch 30er Zone

Von Annette Gens 17.04.2013, 19:00
Stefan Klein am Rechner, wo die Wunsch-Blitzer eingehen. 52 hat das Revier inzwischen erhalten. Darüber hinaus gab es allgemeine Verkehrshinweise.
Stefan Klein am Rechner, wo die Wunsch-Blitzer eingehen. 52 hat das Revier inzwischen erhalten. Darüber hinaus gab es allgemeine Verkehrshinweise. Sebastian Lizenz

Dessau/MZ - Es ist klein und handlich und „Traffi Patrol“ piept, wenn Torsten Wünsch ein Fahrzeug anpeilt, das sich zu schnell bewegt. Das geschieht Dienstagnachmittag exakt sechsmal. Immer wenn es piept, greifen Stefan Klein und Annika Klimek zur Kelle und zwingen die Fahrzeugführer zum Stopp.

Das Polizei-Trio, das in der Dessauer Augustenstraße eine Geschwindigkeitsmessung durchführt, wird teils argwöhnisch beäugt und teils begrüßt. Lange schon hatte sich kein Ordnungshüter in der Tempo-30-Zone sehen lassen. Dass die Beamten gerade am Dienstag eine Verkehrsaktion auf der schmalen mit Pflaster ausgelegten Straße starten, ist dem Dessauer Jörg Hauffe zu verdanken.

Autofahrer ignorieren Tempolimits

Als am 13. März das Dessau-Roßlauer Polizeirevier als erstes in Sachsen-Anhalt einen Wunsch-Bitzer-Aktion ins Leben rief und die Dessau-Roßlauer um ihre Tipps bat, schrieb er dem Polizeirevier eine Mail. Denn Familienvater Hauffe ärgert es, dass die Autos frühmorgens und in den Nachmittagsstunden just an einer Stelle mit Altenheim und Kindereinrichtung das Tempolimit gedankenlos ignorieren. Wie sich zeigt, soll Hauffe recht behalten. Die Polizei fischt gleich nach wenigen Minuten eine 29-Jährige aus dem Verkehr, die 17 km/h zu schell war, um ihren Nachwuchs aus der nahen Einrichtung abzuholen. Neben der Geschwindigkeitsübertretung wird auch noch festgestellt, dass die junge Dessauerin eigentlich nur mit Brille hinterm Lenkrad sitzen darf. Die fehlt, weshalb in der Schwebe steht, ob sie überhaupt weiterfahren darf.

Es dauert nicht lange, da tappt ein Dessauer in die „Falle“ und nach ihm das Fahrzeug eines Pflegedienstes. Die Krankenschwester gesteht, nicht auf den Tacho geschaut zu haben, denn der nächste Patient muss pünktlich seine Spritze bekommen. Die Hektik, meint sie, lasse manchmal keinen Raum für Limits wie 30. Andererseits findet sie es mehr als in Ordnung, an einem sensiblen Verkehrsknoten kurzzeitig aus dem Verkehr gezogen zu werden.

Irgendwann gegen 15 Uhr taucht schließlich ein blauer Transporter auf. Auf dessen Rücksitz befindet sich ein mit einem normalen Gurt angeschnalltes Kind. Die Frontscheibe des Wagens verfügt bis in Sichthöhe der Fahrerin über einen Riss. Die Frau ist darüber hinaus viel zu schnell unterwegs, um zur Kindereinrichtung zu gelangen. Polizeioberkommissar Stefan Klein wundert es nicht, dass ein Gutteil derer, auf die an diesem Nachmittag ein Ordnungsgeld verfügt wird, gerade ein Interesse daran haben müssten, dass schon der Kinder wegen jeder durch die Augustenstraße angemessen fährt. Doch immer wieder hören die Ordnungshüter Sätze, die mit dem Wort „eigentlich“ beginnen. Eigentlich wollten sie alle das Tempolimit halten.

"Die Polizeiaktion sollte keine Eintagsfliege sein"

Der Dessauer Jörg Hauffe ist zufrieden, dass die Polizei seit langem mal wieder in der kleinen Straße im Dessauer Süden die Autofahrer zur Ordnung gerufen hat - nicht um des Abstrafens willen, sondern der Vernunft wegen. „Kann schnell mal passieren, dass ein Knirps auf die Straße rennt“, sagt der Familienvater und hat einen Wunsch: „Die Polizeiaktion sollte keine Eintagsfliege sein!“

Das wiederum wird sich zeigen. Die Polizei hat inzwischen eine recht lange Liste. In einem Monat sind 52 Mails nach dem Wunsch-Blitzer eingegangen, mit sehr konkreten Hinweisen und Zeitwünschen. Die Polizei nimmt diese ernst. Allein seit jenem Start der Wunsch-Blitzer-Aktion wurden 40 Messungen im Stadtgebiet durchgeführt. 23 davon erfolgten auf Bürgerwunsch. Bleibt die Frage, ob die Polizei weiter die Kraft hat, allen Wünschen Rechnung zu tragen. Denn in puncto Personal geht der eiserne Sparwille der Landesregierung am Dessau-Roßlauer Polizeirevier nicht vorbei.