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Besonderes Ereignis Besonderes Ereignis: In der Marienkirche Dessau wird die Mittelgruft geöffnet

Von Annette Gens 26.04.2019, 07:41
Sehr selten wird die Mittelgruft von St. Marien mit der Grabplatte Georg III. geöffnet. Am Samstag, 27. April, ist das Gewölbe öffentlich zugänglich.
Sehr selten wird die Mittelgruft von St. Marien mit der Grabplatte Georg III. geöffnet. Am Samstag, 27. April, ist das Gewölbe öffentlich zugänglich. Th. Ruttke

Dessau - Mehrere Monate hat Claudia Kunde auf diesen Moment gewartet. Die Kunsthistorikerin steht am Donnerstag vor der Grabplatte Georg III. von Anhalt (1507–1553) in der Mittelgruft der Dessauer Marienkirche und wartet auf die ungestörten Momente, um die bildhauerische Arbeit in Ruhe betrachten zu können.

Für Kunde gehört diese historische Grabplatte nicht in die Gruft, sondern in das Schiff der Marienkirche. Denn sie ist eines der wertvollsten Zeugnisse Dessaus in Bezug auf die Reformation. Schließlich zeigt die Person Georgs, dass die Reformation im 16. Jahrhundert nicht nur auf Luther und Melanchthon reduziert werden kann. Auch Georg III. von Anhalt hatte sich 1534 für die Einführung der Reformation in Anhalt eingesetzt.

Mittelgruft in der Marienkirche Dessau wird aus mehreren Gründen geöffnet

Die Stadtverwaltung hat am Donnerstag die Mittelgruft der Marienkirche seit langer Zeit einmal wieder geöffnet. Aus mehreren Gründen. Zum ersten, um der Kunsthistorikerin Claudia Kunde zu ermöglichen, Studien für ihre Dissertation über Grabgelege in Anhalt voranzutreiben.

Die Gruft wird aber auch denkmalpflegerisch und klimatisch untersucht. Könnte sie die jüngst auf dem Ziebigker Friedhof geborgenen Särge mit den sterblichen Überresten aus dem Hause Anhalt aufnehmen? Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, Eduard von Anhalt und Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras hatten sich zum Jahresanfang nach MZ-Berichten über den Zustand des Gräberfelds auf dem Ziebigker Friedhof auf die Umbettung der Särge in die Marienkirche verständigt. Die Toten, unter ihnen drei anhaltische Fürsten, waren einst im Mausoleum bestattet. Im Jahr 1958 wurden sie anonym auf den Ziebigker Friedhof verbracht. Das Grab in Ziebigk war ungepflegt. Sein Zustand löste Diskussionen aus.

In der Mittelgruft könnten geborgene Särge aus Ziebigk ihren Platz finden

Aber wo in der Marienkirche ist Platz für viele Särge? „In der nächsten Woche wird unter anderem die selten zugängliche Mittelgruft in Augenschein genommen“, sagt Steffen Kuras, Leiter des städtischen Kulturamtes. Welches Ergebnis am Ende steht, wird dann die Stadt mit Eduard von Anhalt besprechen.

Die sogenannte Altargruft im östlichen Bereich der Kirche ist bei Führungen öfter zugänglich. Die Mittelgruft wurde zum letzten Mal 2012 geöffnet. Anlass war damals die Ausstellung Anhalt-International. Die Exposition erinnerte an die 800 Jahre alte Geschichte Anhalts. Sieben Jahre später, in dieser Woche, wurden erneut die Stühle im Kirchenschiff beiseite geräumt und der Eingang zur Mittelgruft freigelegt. Dessau-Roßlauer können die Gruft am Samstag, 27. April zwischen 10 und 17 Uhr besichtigen. Ansprechpartner stehen für Fragen zur Verfügung.

In der Mittelgruft befinden sich u.a. Steinplatten von Grablegen anhaltischer Herrscher an den Wänden. Im Boden sind - von außen nicht sichtbar, sondern versiegelt - eine zinnerne Truhe mit weiteren sterblichen Überresten und zwei Kästchen, die nur wenig Asche enthielten. Das wurde bereits um das Jahr 1850 herum untersucht.

Grundstein für die Marienkirche Dessau wurde  im Mai 1506 gelegt

Die Marienkirche ist die ehemalige Schloss- und Stadtkirche. Im Mai 1506 wurde der Grundstein für das Gotteshaus gelegt. Als Schloss- und Stadtkirche beherbergte St. Marien die Grablege der askanischen Fürsten bis zum Neubau des Mausoleums im heutigen Tierpark Dessau vor 120 Jahren. St. Marien besaß drei Grüfte. Das Gebäude wurde im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert. Den Bau der Mittelgruft zum Beispiel soll der Alte Dessauer veranlasst haben. Dort soll bis nach dem Zweiten Weltkrieg sein Sarg auf der Grabplatte von Georg III. gestanden haben. Wo die sterblichen Überreste des anhaltischen Reformators Georg liegen, ist allerdings ungewiss.

››Sonnabend 27. April, kann neben der Altargruft auch die Mittelgruft der Marienkirche zwischen 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. (mz)

Blick in die Altargruft von St. Marien. 2015 wurden die sterblichen Überreste von Mitgliedern des Hauses Anhalt vom Historischen Friedhof dorthin umgebettet.
Blick in die Altargruft von St. Marien. 2015 wurden die sterblichen Überreste von Mitgliedern des Hauses Anhalt vom Historischen Friedhof dorthin umgebettet.
Ruttke
Der Eingang zur Mittelgruft ist sonst kaum sichtbar.
Der Eingang zur Mittelgruft ist sonst kaum sichtbar.
Ruttke