Benzinpreise Benzinpreise: Warum sind Schwankungen in Dessau-Roßlau kleiner als in anderen Städten?

Dessau - Mittwoch um 8:02 Uhr. In Magdeburg, so ist der Website clever-tanken.de zu entnehmen, kostet der Liter Diesel durchschnittlich 1,223 Euro, in Halle 1,275 Euro, in Dessau-Roßlau 1,274. Mittwoch um 22.52 Uhr ist es ähnlich: Magdeburg 1,198 Euro, Halle 1,243 Euro, Dessau-Roßlau 1,236 Euro. Wann immer man dieser Tage prüft und welche Treibstoffe man auch wählen mag: Der durchschnittliche Spritpreis ist in Magdeburg am niedrigsten, in Halle am höchsten. Dessau-Roßlau liegt irgendwo zwischen beiden. Sucht man jenseits aller Diskussionen, ob Sprit nicht ohnehin zu billig oder zu teuer ist, Antworten auf die Frage, warum das so ist, wird es schnell erstaunlich schwierig.
Zumal das Spritpreisverhältnis zwischen den drei größten Städten Sachsen-Anhalts auch nicht zementiert ist. Das zeigt sich am Beispiel Diesel am 9. Mai um 20.05 Uhr: Damals wurde in Halle mit 1,266 Euro der höchste Durchschnittspreis verlangt, gefolgt von Magdeburg mit 1,261. In Dessau-Roßlau hatte man in diesem Moment die besten Chancen gehabt, günstig zu tanken: Bei 1,238 Euro lag hier der Durchschnittspreis.
Die Betonung liegt auf „in diesem Moment“. Denn die Preise schwanken im Tagesverlauf häufig, in Städten öfter als auf dem Land. Das Grundschema lautet: Die Preise ziehen gegen 6.30, 11, 17 und 23 Uhr an und fallen - abgesehen von der Nacht - in kleinen Schritten.
Den Wettbewerb stärken sollte die „Markttransparenzstelle für Kraftstoffe“
Bis zum Jahr 2013 war das anders. Zwar schwankte der Spritpreis auch damals schon im Tagesverlauf, aber lange nicht so häufig. Vermutungen, dass die Marktführer Aral/BP, Shell, Jet, Esso und Total die Preise absprächen, ließen sich nicht belegen. Vermutlich war das auch nicht nötig: Bei 70 Prozent Marktanteil konnten die Tankstellenkonzerne die Preise auch ohne Absprache weitgehend diktieren.
Den Wettbewerb stärken sollte die „Markttransparenzstelle für Kraftstoffe“, angesiedelt beim Bundeskartellamt. Dorthin müssen die Tankstellen - heute sind es deutschlandweit 14.500 - in Echtzeit ihre Preise melden. Die Daten sind frei verfügbar und werden etwa von Diensten wie clever-tanken.de benutzt. Mit einer App auf dem Smartphone ist es seither sehr einfach, sich über besonders günstige Treibstoffquellen zu informieren.
Die Frage ist nur: Ist der Wettbewerb damit stärker geworden? Das Bundeswirtschaftsministerium, dem das Bundeskartellamt untersteht, hält sich raus: Das System sei zu jung, um Aussagen zu treffen. Eine im Auftrag des Mineralölwirtschaftsverbandes erstellte Studie kommt zum Ergebnis, die Kunden würden preisbewusster tanken.
Bundesverband freier Tankstellen (BFT) sieht Ziel der Markttransparenzstelle als verfehlt an
Das positive Fazit vermag den Volkswirt und Wirtschaftsjournalisten Norbert Häring nicht zu verwundern. Im Mineralölverband haben sich die großen Anbieter versammelt, denen vorgeworfen wurde, die Preise zu diktieren. Außerdem heiße einer der Autoren Justus Haucamp, einst Vorsitzender der Monopolkommission und Miterfinder der Markttransparenzstelle.
Beim Bundesverband freier Tankstellen (BFT) - in dem sich viele konzernfreie Tankstellen versammelt haben - ist man kritischer. Ein Ziel der Markttransparenzstelle sieht man dort als verfehlt: Die Preisschwankungen haben sich nicht beruhigt, sondern verstärkt. Und, so die jüngste BFT-Studie, die Preistransparenz könne unter gewissen Umständen für günstige Preise sorgen. Für die Verbraucher.
Andererseits könnte der Kostendruck dazu führen, dass ihn nur die Großen überstehen und die Kleinen verdrängt werden. Schlecht für den Wettbewerb. Momentan ist die Situation eher umgekehrt: Die unabhängigen Tankstellen treiben die Konzerne preislich vor sich her. Und sie übernehmen Standorte, die den großen zu unattraktiv erscheinen.
12 freie Tankstellen in Magdeburg betreiben aggressive Preispolitik
Genau diese Situation liegt in Magdeburg vor: Von 30 Tankstellen in der Landeshauptstadt sind immerhin 12 nicht über den Bundesmineralölverband organisiert. Sie sind es vor allem, die eine aggressive Preispolitik betreiben und die „Großen“ zum Handeln zwingen.
In Dessau und Halle dagegen gibt es zu wenige unabhängige Tankstellen, die bereit sind, nahe an die betriebswirtschaftliche Schmerzgrenze zu gehen. Für Autofahrer ist das Tanken in diesen beiden Städten deshalb tendenziell teurer. (mz)
Im Jahr 1969 gab es mit 46.684 die höchste Dichte an Tankstellen in Deutschland - und das allein in Westdeutschland. Bis heute ist die Zahl fast kontinuierlich gesunken. Im Jahr 2018 wurden in Gesamtdeutschland noch 14.118 Tankstellen registriert.
Die großen drei Ölgesellschaften Aral, Shell und Total decken mit 38 Prozent über ein Drittel des Tankstellennetzes ab. Marktführer ist mit 2.289 Tankstellen Aral. Platz 2 nimmt mit 1.967 Filialen Shell ein.