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Bauhaus-Jubiläum 2019  Bauhaus-Jubiläum 2019 : Vor 100 Jahren brach die Region in die Klassische Moderne auf

Von Christian Eger 29.03.2018, 08:00
Bauhäusler 1925 an der Elbe bei Dessau, fotografiert von Irene Bayer
Bauhäusler 1925 an der Elbe bei Dessau, fotografiert von Irene Bayer Irene Bayer, Rene Bayer, Stiftung Bauhaus Dessau

Magdeburg/Halle (Saale) - Ein Kurzgedicht in Sachen Bauhaus? Bitteschön! „Quadrat, Quadrat, Quadrat, du wirst mir nie zu fad“, reimte einst der weltbekannte österreichische Bildhauer und Grafiker Alfred Hrdlicka, um zu schließen: „Im Öle wie im Siebe, gehört dir meine Liebe.“

100 Jahre Bauhaus lässt sich das Land rund 18,5 Millionen Euro kosten

Wer das Bauhaus liebt, wird sich diesen Versen anschließen können. Mehr noch, er wird 2019 auf dem Territorium von Sachsen-Anhalt ganzjährig diese Liebe leben können - wenn die 1919 in Weimar gegründete und 1925 nach Dessau übersiedelte Gestaltungsfachschule ihren 100. Geburtstag feiert. Insgesamt rund 18,5 Millionen Euro lässt sich das Land Sachsen-Anhalt die Welterbe-Feier kosten, nicht eingerechnet die Kosten für das in Dessau-Roßlau zu errichtende Bauhaus-Museum, das mit 12,5 Millionen Euro zu Buche schlägt.

„Für uns ist das Jubiläum mehr als die Würdigung des Bauhauses im engeren Sinne, es ist die Erinnerung daran, dass dieser Modernisierungsschub auch darüber hinaus an vielen Stellen wirksam geworden ist“, sagt Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU) am Mittwochmittag in Magdeburg. Der Minister hatte in den Kabinettssaal der Staatskanzlei geladen, um mit den vor Ort verantwortlichen Akteuren des Jubiläums das Landesprogramm für die sozusagen vereinigten Bauhaus-Spiele 2019 vorzustellen. Auch wer noch die national großen Aufschläge zum 90. Bauhausfest vor zehn Jahren - mit XXL-Ausstellungen in Weimar und Berlin - im Gedächtnis hat, wird von diesem Programm überrascht sein: Es bemüht sich um Originalität.

Bauhaus Dessau: Regionaler Aufbruch in die Klassische Moderne

Nicht allein Dessau-Roßlau, sondern auch die Städte Halle und Magdeburg sind als Akteure mit im Boot, um dem Festjahr Gestalt zu geben. 39 Orte insgesamt stellen - mit teilweise kultur-detektivischem Spürsinn - in Sachsen-Anhalt jene Gebäude, Werke und Geschichten aus, die mit dem regionalen Aufbruch in die Klassische Moderne verbunden sind. Die war baulich, industriell und geistig im historischen Mitteldeutschland im vollen Einsatz, woran denn auch Robra erinnert - das nicht ganz ohne Wehmut. Der Politiker spricht von der preußischen Provinz Sachsen und dem Freistaat Anhalt, die als Vorgänger-Staaten von Sachsen-Anhalt Schrittmacher-Potenzial entfaltet hatten. Diese Landschaft sei, sagt Robra, bis zum Zweiten Weltkrieg die „stärkste Wirtschaftsregion Deutschlands“ gewesen: „Und da möchten wir wieder hin.“ Das Bauhaus-Fest kann da schon mal die Stimmung aufhellen.

Das gelingt noch nicht ungetrübt, denn gerade das, was Robra „das greifbare Highlight“ nennt, ist noch keinesfalls greifbar. Bis heute gibt es noch keinen Termin für die Eröffnung des Bauhaus-Museums in Dessau. Irgendwann im Herbst heißt es aus der Magdeburger Runde. Und schon begann das Rätseln. Der Herbst: gefühlt? Oder astronomisch? Dann würde er Ende September beginnen und am 21. Dezember enden. Was hieße: Das Bauhaus-Museum könnte auch kurz vor Weihnachten eröffnet werden? Am Ende des Bauhaus-Jahres, wenn die Weltpresse nicht mehr in Mitteldeutschland unterwegs ist, sondern zuhause die Bäume schmückt?

Situation gleicht jener der Anhaltischen Gemäldegalerie in Dessau

Claudia Perren, Direktorin der Stiftung Bauhaus, sagt nur so viel: Auf die Frage, ob die Eröffnung im Herbst erfolge, „kann ich mit Ja antworten“. Kurz vor Weihnachten? Das nicht, sagt sie. Woran liegt das Termin-Gezerre? Gerade sei man am Betonieren des Museums, sagt die Direktorin. Die starken Minustemperaturen hätten das jetzt erschwert. Zudem müssten alle Betonelemente ja auch nach der Vollendung erst vollständig trocknen, bis die Sammlung in ihnen präsentiert werden könne. Aber unabhängig davon sei sie „sehr zufrieden“.

Die Situation gleicht jener der Anhaltischen Gemäldegalerie in Dessau, die ursprünglich im Zuge des Bauhaus-Jahres nach Jahren der Instandsetzung neu eröffnet werden sollte. Auch hier gibt es bislang nur die vage Herbst-Formel, die der Dessauer Kultur-Beigeordnete Robert Reck bestätigt. Nach dem vorzeitigen Abschied des Galeriedirektors Norbert Michels soll immerhin die Stelle neu ausgeschrieben werden. Will man den Posten zur möglichen Herbst-Eröffnung besetzt haben? „Zu gegebener Zeit“, sagt Reck.

Flussbad Rehsumpf vor denkmalgerechter Sanierung

Wer sich von solchen Übungen in behördlicher Langmut nicht verschrecken lässt, kann seine Bauhaus-Lust an den in Magdeburg vorgestellten Programmpunkten und -orten stillen. Die bieten eben nicht nur das altbekannte Großeganze, sondern auch das kleinteilig Überraschende. Die Präsentation des Diakonissen-Mutterhauses „Neuvandsburg“ in Elbingerode, von 1932 bis 1934 im Stil des Neuen Bauens errichtet, gehört ebenso dazu wie die denkmalgerechte Sanierung einer der angeblich „letzten historischen, noch erhaltenen Flussbadeanstalten Europas“ - des Flussbades Rehsumpf in Dessau. Ein Ort, an dem sich auch die körperbewussten Bauhaus-Studenten amüsiert haben sollen. Das Badehaus des einst in Dessau ansässigen Flugzeugbau-Pioniers Hugo Junkers soll wieder „erlebbar“ werden, sagt Rainer Robra. Bauhaus-Jubiläum 2019? Pack die Badehose ein!

Man wird jedenfalls als Bauhaus-Freund ganzjährig ganz aus dem Häuschen sein müssen, um all die vielen Ausstellungen und Ortsbegehungsprogramme wahrnehmen zu können, die geboten werden. Um nur einige zu nennen: In Halle präsentieren unter anderem die Moritzburg „Wege zur Burg der Moderne. 1908-1936: Die Ära Sauerlandt und Schardt“, die Franckeschen Stiftungen „Jugend und Moderne 1890-1990“ und der Kunstverein Talstraße gleich drei Ausstellungen: „Wir machen nach Halle. Marguerite Friedlaender und Gerhard Marcks“, „Bauhäusler an der Burg“ und „Zwischen Femme Fatale, Frankfurter Küche und Broterwerb. Das Frauenbild(nis) der 1920er Jahre“.

Dessau: Gleich drei dreitägige Festivals in Sachen Bauhaus

Dessau steht diesen Ereignissen in nichts nach. Gleich drei dreitägige Festivals in Sachen Bauhaus werden gefeiert: der Schule, der Architektur und der Bühne gewidmet. Die Stadtraum-Ausstellung „Unsichtbare Orte“ macht wenig bekannte Bauhaus-Stätten in der Stadt sichtbar. Die Werkleitzfestival wird 2019 in Dessau das Thema „Modell und Ruine“ präsentieren. Ein Vorhaben, das nicht nur interessante Seitenblicke auf die antikisierenden Ruinen-Nachbauten im Dessau-Wörlitzer Gartenreich, sondern auch auf die bauliche und gestalterische mitteldeutsche Landschaft eröffnet.

Zu dieser gehört Magdeburg als eine Modellstadt des Neuen Bauens: Ausstellungen widmen sich unter anderem der Reformstadt in den 1920er und frühen 1930er Jahren, der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule, der Bauhaus-Ikonografie und dem aus Magdeburg stammenden Designer Stefan Wewerka. Eine Schau im Puppentheater nimmt das Puppenspiel der Bauhaus-Jahre in den Blick. Den schönsten Titel des bauhäuslichen Ausstellungsreigens hat dieser Einsatz schon jetzt: „Achten Sie auf die Figur“. (mz)

Das Programm im Internet: www.bauhaus-dessau.de