1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Bau der weltgrößten Algenfabrik in Dessau soll 2022 beginnen - Was das Unternehmen nach Mitteldeutschland zog

Biotech im Gewerbegebiet Flugplatz Bau der weltgrößten Algenfabrik in Dessau soll 2022 beginnen - Was das Unternehmen nach Mitteldeutschland zog

Britisches Unternehmen investiert 55 Millionen Euro in die Zucht von Algen, aus denen Omega-3-Fettsäuren gewonnen werden. Ein Büro hat der Geschäftsführer in Dessau bereits eingerichtet, nun sucht er eine Wohnung und lernt jeden Tag Deutsch.

Von Oliver Müller-Lorey 21.10.2021, 08:00
Andrew J. Cosentino ist Geschäftsführer des britischen Unternehems, das in Dessau eine große Algenzucht aufbaut.
Andrew J. Cosentino ist Geschäftsführer des britischen Unternehems, das in Dessau eine große Algenzucht aufbaut. Foto: Thomas Ruttke

Dessau/MZ - Das britische Biotech-Unternehmen „Algaecytes“, das im Gewerbegebiet Flugplatz eine große Algenplantage mit einem Investitionsvolumen von 55 Millionen Euro aufbauen will (MZ berichtete), hat bei einem Besuch der Unternehmensspitze in Dessau weitere Details des Vorhabens bekanntgegeben. Der Geschäftsführer und US-amerikanische Industrielle Andrew J. Cosentino bestätigte, dass es die größte Algenplantage zur Gewinnung von Omega-3-Fettsäuren weltweit werden wird. „Wir hoffen, noch in diesem Jahr alle nötigen Genehmigungen zu bekommen und im Frühjahr 2022 mit dem Bau beginnen zu können“, sagte er.

Die getrockneten Algen, aus denen das Öl hergestellt wird, in den Händen einer Laborantin
Die getrockneten Algen, aus denen das Öl hergestellt wird, in den Händen einer Laborantin
Fotos (2): Algaecytes

Cosentino hat kürzlich ein Büro in Dessau eingerichtet und werde bis zur Eröffnung und in den ersten Monaten des Betriebs häufig in der Stadt sein. Daher suche er auch eine Wohnung in Dessau und lerne jeden Tag Deutsch. Algaecytes wurde vor achteinhalb Jahren im britischen Kent gegründet, wo seit 2016 auch eine kleinere Plantage für die Algenzucht in Betrieb ist. „Mit ihrer Hilfe wollten wir prüfen, ob die Zucht auch im großen Maßstab klappen kann. Vor zweieinhalb Jahren habe ich gesagt: Wir sind bereit“, so Cosentino.

Die Firma habe sich daraufhin zuerst in England nach einem passenden Standort für die Farm umgeschaut, später auch im mittleren Osten, den USA und Island, wo Energie vergleichsweise günstig ist. Dass die Wahl dennoch auf Dessau-Roßlau gefallen ist, habe mehrere Gründe. „Deutschland liegt in Zentraleuropa, neben China und Nordamerika einem der Hauptmärkte für Omega-3-Fettsäuren“, so der Geschäftsführer.

Außerdem sei in Sachsen-Anhalt viel Expertise auf dem Gebiet der Algenforschung vorhanden. Die Hochschule Anhalt habe bereits vor vielen Jahren in Köthen einen entsprechenden Forschungszweig etabliert. „Das hat uns überzeugt“, so der Geschäftsführer, der auch darauf setzt, dass künftig Werksstudenten der Hochschule in seinem Unternehmen forschen und arbeiten. Für Dessau habe letztendlich auch gesprochen, dass die Behörden kooperativ gewesen seien, allen voran Oberbürgermeister Robert Reck.

Was aussieht, wie eine unscharfe Pizza, ist die Alge unterm Mikroskop.
Was aussieht, wie eine unscharfe Pizza, ist die Alge unterm Mikroskop.
Foto: Agaecytes

Algaecytes züchtet in von der Umwelt abgeschirmten Glasröhren unter künstlichem Licht mikroskopisch kleine Algen, die rasch wachsen. Dank der optimalen Bedingungen können die Hightech-Landwirte zehnmal jährlich ernten. Die Algen werden entwässert und dann zu einem Pulver weiterverarbeitet, das rund 250 Dollar, umgerechnet gut 210 Euro, pro Kilogramm kostet. Das Pulver wird an andere Unternehmen verkauft, die daraus Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika, vor allem Hautcremes, herstellen. Privatleute können das Pulver, das nach Firmenangaben besonders rein und frei von schädlichen Umwelteinflüssen ist, zunächst nicht kaufen.

Im Gewerbegebiet am Flugplatz soll die Algenzucht entstehen.
Im Gewerbegebiet am Flugplatz soll die Algenzucht entstehen.
Foto: Ruttke

Omega-3-Fettsäuren sind für die Ernährung wichtig. Sportler oder Vegetarier können aber durch die gewöhnliche Ernährung allein oft nicht genug davon aufnehmen. Zwar gibt es auch Omega-3-Präparate aus Fisch, der von Natur aus viel von dem Stoff enthält. Das schmecke aber eben auch nach Fisch und sei oft durch Schadstoffe belastet, so Cosentino. Bei Algaecytes spiele Nachhaltigkeit eine große Rolle.

Aus diesem Grund wird das Unternehmen auch Regenwasser auf dem Fabrikdach auffangen, filtern und für die Produktion nutzen. Der Bedarf dürfte da sein. Immerhin fließen zwei Millionen Liter Süßwasser durch die Glasröhren, in denen die Algen wachsen. Auch einen Teil des Stroms, der für die hocheffizienten LED-Lampen gebraucht wird, stellt die Firma selbst her. Mit Hilfe von Solarmodulen sollen 18 Prozent der Energie vor Ort entstehen.

Wenn die Farm mit der Produktion beginnt, sollen zunächst 30 feste Mitarbeiter - vorrangig hoch qualifizierte Fachkräfte - beschäftigt sein. „Aber das ist erst der Anfang“, sagt Cosentino. Die Nachfrage nach reinen Omega-3-Fettsäuren sei weltweit so groß, dass die Fabrik in Dessau den Bedarf nicht decken könne. Momentan arbeite man noch mit einem Algen-Stamm. Doch es gebe noch weitere Arten, die man nutzen könne. „Wir haben noch viel vor“, sagt der Unternehmer.