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Baby-Tod in Dessau Baby-Tod in Dessau: Experten sprechen von Misshandlung - Mutter verschläft Aussage

11.01.2018, 13:56
Der 39-jährige Angeklagte
Der 39-jährige Angeklagte Sebastian

Dessau-Roßlau - Am zweiten Prozesstag zum Fall des im Alter von sieben Wochen gestorbenen Dessauer Babys haben am Mittwoch zwei Mediziner ihre Einschätzungen vor dem Landgericht abgegeben. Beide waren zusätzlich von den halleschen Rechtsmedizinern beauftragt worden, um spezielle Fragen in dem Fall zu klären.

Angeklagt ist wegen der vier Jahre zurückliegenden Tat der Vater: Der 39-Jährige soll das Baby so schwer verletzt haben, dass es wenig später starb. Mario R. hatte in seiner Aussage gemutmaßt, die festgestellten Rippenbrüche des Jungen könnten von seinen Wiederbelebungsversuchen herrühren.

Mediziner aus Halle widerspricht der Aussage des Angeklagten

Christian Kunze von der Uniklinik Halle schloss dies jedoch aus. Rippenbrüche waren bei der Computertomographie der Säuglingsleiche reichlich gefunden worden. Aber diese waren entweder bereits mehrere Wochen alt oder so positioniert, dass sie nach seiner Ansicht unmöglich bei der Herzdruckmassage entstanden sein konnten. Vielmehr ließen sich diese, so Kunze, durch kräftiges Zupacken beim Schütteln erklären.

Kunze analysierte zudem die mehrfache Schädelfraktur, die bei dem Säugling festgestellt wurde. Die sei frisch gewesen, allerhöchstens zehn Tage alt. Mit einem Sturz vom Sofa ließe die sich nicht erklären.

Dies hatte der Vater vermutet. Kunze sah dagegen klare Anzeichen von Kindesmisshandlung. Dass die Verletzungen in irgendeinem Zusammenhang mit der Geburt stehen könnten, schloss der Mediziner kategorisch aus.

Mediziner aus Hamburg vermutet ein Schütteltrauma bei dem Kleinkind

Nicht aufgeklärt wurde am Mittwoch der mögliche Widerspruch zwischen der Einschätzung des Hallenser Mediziners und der Kinderärztin des Babys. Drei Mal hatte sie den Säugling untersucht und war sich als Zeugin sicher: „Es gab keine Hinweise auf Gewalt oder Vernachlässigung.“

Am Klinikum in Hamburg-Eppendorf wurden später weitere Untersuchungen durchgeführt. Der Arzt Jakob Matschke fand dabei einige mehrere Tage alte Hirnblutungen und verletzte Nerven im Rückenmark, wie sie für ein Schütteltrauma charakteristisch sind. Solche Schäden führten sofort zum Tode, sagte Matschke.

Eine Lücke von anderthalb Stunden bei der Rekonstruktion des Falls

Gestorben ist das Baby nach Überzeugung der Rechtsmediziner um 10.30 Uhr - mithin bleibt eine Lücke von mindestens anderthalb Stunden bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Angeklagte aufgewacht sein und den Tod des Babys bemerkt haben will.

Die Verhandlung wird am nächsten Mittwoch fortgesetzt. Dann wird erneut die Mutter des Babys und die Partnerin des Angeklagten vorgeladen. Die hatte am Mittwoch verschlafen. (mz/tst)