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Ausstellung Ausstellung: So gut malte Dessaus Uhrmacher Erich Gräfe

Von Danny Gitter 20.05.2016, 09:07
Wolfgang Gräfe und Helga Jovy präsentieren ein Landschaftsbild ihres Vaters. Dem ist in Dessau eine neue Ausstellung gewidmet.
Wolfgang Gräfe und Helga Jovy präsentieren ein Landschaftsbild ihres Vaters. Dem ist in Dessau eine neue Ausstellung gewidmet. Lutz Sebastian

Dessau-Roßlau - Es herrscht Betriebsamkeit an diesem Mittwoch in der Antoinettenstraße 5. Dort ist aus einem leerstehenden Ladengeschäft bis Ende des Monats eine Galerie geworden. Immer wieder strömen Menschen zur Vernissage - und tauchen in eine Welt voller Landschaftsbilder ab. Mal spiegeln sich Bäume in ihrer vollsten Blüte im Wasser. Ein anderes Mal fällt Herbstlaub von ihnen ab. Bäume, Bäume, Landschaften, Landschaften. „Ja, mein Vater war gern draußen“, bestätigt Helga Jovy, geborene Gräfe, die Tochter des Künstlers, dem derzeit vom Anhaltischen Kunstverein und dem Dessauer Lions Club eine Ausstellung gewidmet ist.

Stadtbekannter Uhrmacher

Die meisten Dessauer verbinden Erich Gräfe weniger mit der Malerei, als vielmehr mit dem Uhrmacherhandwerk. 1903 in Dessau als Sohn eines selbstständigen Uhrmachermeisters geboren, hatte Gräfe bald das väterliche Geschäft übernommen. Bis 1982 machte er in der Zerbster Straße die Uhren und Wecker vieler Dessauer wieder flott. Sieben Jahre später verstarb Gräfe. Die Uhrmacherwerkstatt war da längst Geschichte. Seine beiden Kinder Helga und Wolfgang waren nicht in seine beruflichen Fußstapfen getreten. Was sie von ihm erbten, waren aber viele unvergessene Momente und Erinnerungen - sowie hunderte Bilder.

Malen als lebenslanges Hobby

Denn der geschickte Uhrmacher war auch ein geschickter Maler. „Wahnsinn, was für ein unglaubliches Talent er besaß“, blickt seine Tochter zurück. Bereits als Kind hatte Erich Gräfe zu zeichnen begonnen. Neben einigen Unterrichtsstunden bei Dessauer Kunstmalern eignete er sich vieles autodidaktisch an. Doch aus der Kunst eine Profession zu machen, das kam für ihn nicht in Frage. Das Uhrmacherhandwerk des Vaters, das hatte goldenen Boden. Die Malerei blieb zeitlebens ein Hobby. „Das war richtige Leidenschaft“, erinnert sich Tochter Helga. Schon früh zwischen fünf und sechs Uhr schnappte er sich sein Fahrrad, seine Staffelei und die Farben, um aus der Stadt in die Natur zu fahren. Der vordere und hintere Tiergarten, das Luisium und der Löbben waren die Orte, an denen Erich Gräfe seine Motive fand. Schnell spachtelte der Uhrmachermeister das, was er vor sich sah auf Leinwand, um dann das fertige Motiv mit nach Hause zu nehmen. Kein Bild wurde auf der häuslichen Staffelei nachbearbeitet. Pünktlich zum Frühstück mit der Familie gegen neun Uhr war er dann wieder zu Hause. Danach widmete Erich Gräfe sich seinem normalen Tagesgeschäft als Uhrmachermeister.

Manchmal fuhr Gräfe mehrmals die Woche raus zum Malen. Bei fast jedem Wind und Wetter. Wo andere im Urlaub fotografierten, da schuf Gräfe sich und seiner Familie Erinnerungen mit eigenen Bildern von der Staffelei. Auch Motive von der Insel Hiddensee oder aus dem Thüringer Wald sind in der Ausstellung zu sehen, ebenso wie Porträts einzelner Personen. Die entstanden in einem Atelier eines Zirkelleiters für Volkskunst in der Askanischen Straße 50.

Bilder blieben lange unveröffentlicht

Viele Bilder bekam nur die eigene Familie zu sehen. „Er war ein sehr bescheidener Mensch, der mit seiner Kunst keine Eitelkeiten durch öffentliche Wahrnehmung bedienen wollte“, begründet Helga Jovy, warum die Bilder des Vaters lange ein privater Schatz der Familie blieben. Für sie und ihren Bruder Wolfgang Gräfe war es jetzt aber an der Zeit, das künstlerische Vermächtnis des Vaters öffentlich zu machen, weil auch andere sich an den Bildern erfreuen sollen.

Die Ausstellung „Erich Gräfe - ein Dessauer Landschaftsmaler“ ist bis 31. Mai in der Antoinettenstraße 5 täglich von 14 bis 18 Uhr zu sehen. An den Sonnabenden ist von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. (mz)

Ein Bild von Erich Gräfe.
Ein Bild von Erich Gräfe.
Erich Gräfe