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Anwohnersorgen in Roßlau Anwohnersorgen in Roßlau: Busch behält seine Eichen

Von Annette Gens 02.09.2015, 07:48
Planer Thomas Klosz (r.) erklärt den Roßlauern den Bauplan.
Planer Thomas Klosz (r.) erklärt den Roßlauern den Bauplan. Sebastian Lizenz

Rosslau - Das vom Vermesser abgesteckte Baufeld im Roßlauer Mühlenbusch ließ Schlimmes erahnen. Eine Straße, wenngleich eine zeitlich befristet genutzte Baustraße bis zum Eisenbahn-Fußgängertunnel zwischen Mühlenbuschweg und Meinsdorf ist geplant. In Gedanken hatten Elke und Joachim Seidel, Gabriele und Karl-Heinz Brandt und mit ihnen etliche andere Bewohner aus dem Mühlenbuschweg und Hermann-Wäschke-Weg einige der alten Eichen im Mühlenbusch fallen sehen. Rote Stöckchen markieren das künftige sechs Meter breite mitten durch den Busch laufende Baufeld. Bäume wurden mit Nummern markiert, als sollten sie gefällt werden. Wiederum grün gesetzte Markierungen im Wald konnten sie sich nicht erklären.

Seit 2009 baut die Deutsche Bahn den Eisenbahnknoten Roßlau/Dessau um. Bund und Bahn investieren dafür bis 2018 rund 330 Millionen Euro in die Umgestaltung. Ziel ist ein modernes und leistungsfähiges Eisenbahnkreuz an der Schnittstelle der insbesondere für den Güterverkehr bedeutsamen Eisenbahnkorridore Benelux-Nordseehäfen-Magdeburg-Osteuropa und Frankfurt (Oder)-Berlin-Halle (Saale)/Leipzig.

Die im Wald geschaffenen Fakten sorgten für Widerspruch der Roßlauer bei der Deutschen Bahn, dem Auftraggeber der Vermessungsarbeiten. Und nach gründlichem Vor-Ort-Termin sind nun alle erleichtert und hoffen auf eine Informationsveranstaltung, die die Deutsche Bahn mit Anwohnern noch im Oktober anberaumen will. Sie wissen jetzt schon, im Mühlenbusch fällt laut Bahn kein einziger alter Eichenbaum.

Die Deutsche Bahn wird voraussichtlich ab Ende nächsten Jahres das Projekt „Güterbahnhof Roßlau“ in Angriff nehmen. Es ist nach der Erneuerung sämtlicher Eisenbahnbrücken zwischen Dessau und Roßlau, nach Erneuerung der Bahnhöfe in Zerbst, Rodleben und Roßlau, nach dem Bau der Eisenbahnbrücke bei Mühlstedt und nach Abschluss derzeit laufender Baumaßnahmen im Bereich Wittenberg und Coswig ein Projekt unter vielen, in das Bund und Bahn zusammen investieren.

Der noch ausstehende Abschnitt „Güterbahnhof Roßlau“, der die Strecke bis Meinsdorf und die Erneuerung mehrerer Eisenbahnbrücken, sowie die von Gleisen und Oberleitungen umfasst, ist noch in Planung. Die Unterlagen werden gerade vom Eisenbahnbundesamt geprüft, erklärt Marina Wehe von der DB-Netz AG Team Knoten Roßlau/Dessau den Beschwerdeführern. Ein Planfeststellungsverfahren stehe noch aus, beruhigt Wehe und sagt, dass das Vorhaben voraussichtlich in den nächsten zwei Jahren ab 2016 umgesetzt werden soll. Wehe weiß, dass dieses Bahn-Bauvorhaben eine Herausforderung ist: Für den Bauherren ebenso wie für manche Anwohner, die eine Zeit lang auf ihre Idylle so nahe am Busch verzichten müssen. Aber auch für Auto- und Lkw-Fahrer. Denn wird auf der Landstraße120 (Meinsdorfer Straße) die Eisenbahnbrücke erneuert, so sind die Meinsdorfer, Thießener und all die anderen Bewohner aus dem Fläming gezwungen, längere Zeit Umwege in Kauf zu nehmen.

Mit Anwohnern Strecke abgelaufen

Um u.a. den Fußgängertunnel am Ende des Mühlenbusches in Richtung Meinsdorf erneuern zu können, muss just dorthin Baumaterial transportiert werden. Ein Teil der Baustoffe soll über eine drei Meter breite noch zu errichtende Baustraße ans Ziel gelangen, erklärt Wehe. Der dann asphaltierte Weg werde außerdem für Radfahrer und Fußgänger freigehalten, die unkompliziert und direkt von Meinsdorf nach Roßlau wollen oder umgekehrt. Die Baufahrzeuge wiederum werden die Baustraße voraussichtlich nur vier Monate im Jahr 2017 nutzen. Das ist eine Zeit, mit der die Bewohner des Mühlenbusches leben können, erklärten die Roßlauer Familien.

Marina Wehe von der DB-Netzwerk lief kürzlich mit den Anwohnern die Strecke ab und ahnte, was bei den Roßlauern für Irritation gesorgt haben mag: Die Vermesser haben das Baufeld rot markiert, die darin geplante Baustraße sei nur halb so breit, weist die Ingenieurin auf die gesetzten blauen Markierungen. Mit ihrer Hilfe ist erkennbar, dass der Altbaumbestand erhalten bleibt. Er wird während der Bauzeit geschützt, versichert Wehe. „Momentan verhandeln wir mit dem Eigentümer des Waldes über eine vorübergehende Nutzung.“

Die Deutsche Bahn hatte übrigens bereits im Februar die Roßlauer zur öffentlichen Informationsveranstaltung ins Rathaus gebeten und dort über das Projekt „Güterbahnhof Roßlau“ informiert. Fachleute waren etliche vor Ort, erklärte Wehe den großen Aufwand. „Leider hörten uns nur fünf Roßlauer zu.“ Woran das lag, erfuhr die Ingenieurin dann vor Ort: Wer in Roßlau bringt schon eine Baumaßnahme am Güterbahnhof mit dem Mühlenbuschweg in Verbindung? (mz)