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Anlagenbau Anlagenbau: Cemag hofft auf einen Neuanfang

Von STEFFEN BRACHERT 20.07.2009, 18:48

HAMELN/DESSAU/MZ. - Es war im Juni, als die Zement-Welt nach Hameln schaute. 200 hochrangige Gäste hatte die Cemag-Gruppe in die niedersächsische Kleinstadt geladen, um die Beta-Mill zu präsentieren, eine energie-effiziente Gesteinsmühle, die Mitarbeiter des heimischen Unternehmens in mehr als zehnjähriger Forschungs- und Entwicklungsarbeit geschaffen haben. Der Stolz war Firmenchef Memari Fard anzumerken.

Der Iraner sprach von einem "Tag des Glücks und einen neuen Geburtstag". Die Mühle, so der Vorstandsvorsitzende der Cemag-Gruppe, bedeute einen "Quantensprung für die Zement- und Erdenindustrie". Das anerkannte auch Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander. "Wenn wir solche Unternehmen haben, können wir uns glücklich schätzen. Cemag ist ein Highlight in der niedersächsischen Wirtschaft", sagte der FDP-Minister und lobte das 1991 von Fard gegründete und mittlerweile mit Auszeichnungen geradezu überhäufte Unternehmen als "innovativ und erfolgreich".

Ganze drei Wochen später ist die Euphorie dahin. Seit Freitag hat bei der Cemag-Gruppe der Insolvenzverwalter das Sagen. In Hameln, aber auch in Dessau, wo die Cemag seit August 2001 vor Ort ist und 120 Mitarbeiter hat.

13.30 Uhr war es Montag, als Dessau-Roßlaus Wirtschaftsdezernent Joachim Hantusch und der neue Wirtschaftsförderer Marcel Knabe im Dessauer Cemag-Firmensitz auf dem Flugplatz-Gelände vorfuhren. Im September 2004 war die Mannschaft um Prokurist Lutz Skupin in das schicke Büro-Gebäude eingezogen. Es war nicht die letzte Investition. Im Juli 2008 nahm die Cemag SBBZ GmbH ihre Produktion auf, ein Stahl- und Blechbearbeitungszentrum mit modernsten Maschinen. Weitere Investitionen waren geplant.

Der Zementanlagenplaner sollte zum Vollanbieter werden. Zum falschen Zeitpunkt. Die Finanzkrise machte alle Pläne zur Makulatur. Die Cemag-Gruppe hatte nach eigenen Angaben zuletzt einen Jahresumsatz von etwa 100 Millionen Euro. Die Kunden aber zahlten immer unregelmäßiger. Außenstände in Höhe von 20 Millionen Euro und gescheiterte Verhandlungen mit den Banken, die einer Zwischenfinanzierungen nicht zustimmten, ließen Firmenchef Memari Fard am Ende keine Wahl, als Insolvenzantrag zu stellen.

Das Wochenende danach bemüht man sich bei Cemag Dessau um Ruhe. "Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos", sagt Skupin. Die Stadtverwaltung habe jede Unterstützung zugesagt. "Wir werden Kontakt zum Insolvenzverwalter aufnehmen, sobald der benannt ist. Wir wollen mit dem Land sprechen, ob und wie geholfen werden kann", bestätigt Hantusch, der in einer Zerschlagung der Cemag-Holding einen Ausweg sieht. "Die profitablen Bereiche müssen weiter geführt werden." Es könnte eine Chance für Dessau sein. "Die Cemag hier ist gut aufgestellt."

Skupin selbst hat den halben Tag telefoniert. Mit Indien. Mit der Schweiz. Mit Kunden in Deutschland. Es ging um vertrauensbildende Maßnahmen. "Wir müssen allen klar machen, dass es hier weitergeht." Skupin hat daran keine Zweifel. "Wir haben doch einiges zu bieten." Vor allem ingenieurtechnisches Know-How, das selten geworden ist. Es war der Grund, dass Fard 2001 nach Dessau kam - und das alte, brach liegende ZAB-Wissen für sich nutzte.

"Die Aufträge sind da und werden von uns weiter abgearbeitet", erklärte Skupin, der darauf wartet, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt wird und dieser den Kontakt nach Dessau sucht. "Unser Ziel ist es, ein Maximum zu erhalten." Was das Maximum ist, wird im Sanierungsplan stehen, den der Insolvenzverwalter erstellen muss. Skupin weiß, dass es dabei natürlich darum geht, die Kosten zu minimieren. "Die Entscheidung liegen jetzt nicht mehr in unserer Hand."