Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater: Kleine, aber sehr feine Gemeinheiten
Dessau/MZ. - Die Uraufführung von Paul Burkhards Komödie"Der schwarze Hecht" erhielt 1938 von Publikumund Kritik nur verhaltenen Beifall. Erst dieÜberarbeitung von Revuekönig Erik Charellzusammen mit Textdichter Robert Gilbert brachteden gewünschten Erfolg. Unter dem Titel "Feuerwerk"wurde die Premiere am 16. Mai 1950 am MünchenerGärtnerplatztheater zur Sensation. Das Lied"Oh mein Papa" sorgte weltweit und generationenlangfür feuchte Augen. Und schließlich ist auchdie Story zeitlos: über die liebe Verwandtschaftim allgemeinen und ungelebte Sehnsüchte imbesonderen. Das alles geht mit viel (Zirkus-)Tempo und garniert mit den musikalischen Ohrwürmernüber die Bretter.
Jens Hübners Bühne lebt am Dessauer Theaterzwischen muffiger Wohnwelt und verträumtemZirkusflair im Kuschelpopstil, nicht ohnesich selbst dabei wohltuend auf die Schippezu nehmen. Elisabeth Witzmann passt die Kostümeentsprechend an. Zeitlos und witzig ist auchdie Regie von Daniela Majer. Die junge MünchenerScheffel-Preisträgerin inszeniert mit genauemBlick für Details, für kleine, aber feineGemeinheiten, samt den dahinter verborgenlauernden Sehnsüchten. "Nannten die altenGriechen ihre Verwandten die ?Allerliebsten??Die ganze junge Welt von heute nennt sie anders.Und leidet unter der Familie. Und gründetspäter selbst eine und wird dann grade so."O-Ton Kurt Tucholsky.
Da kriecht Unternehmer-Töchterlein Anna (ChristinaGerstberger mit strahlendem Sopran) schonmal selbstvergessen aus dem sicheren Schrank-Versteck,wenn es was zu lernen gibt, was sie sonstzu Hause nicht geboten kriegt: Und die attraktiveTante vom Zirkus verrät natürlich nicht, dasses für sie gar nicht so selbstverständlichist, drei Männer gleichzeitig am Zügel zuhalten. Am allerwenigsten den eigenen. GabrieleBernsdorf spielt eine sympathische und lebenserfahreneIduna neben dem herrlich selbstherrlichenPavel Safár als Zirkusdirektor und Ehemann.
Das Premierenensemble ringsum ist in guterForm: Hildegard Wiczonke und Kostadin Arguirovals Eltern, Kristina Baran-Fricke als Köchin.Günter Krause sorgt in der dankbaren Rolledes Onkel Gustav für zahlreiche Lacher. MarkRosenthal, Stanislava Safárova, Rainer Franz,Jana Frey und Helga Kissing sind das übrigeVerwandtengeschwader. Taimo Toomast bleibtals verliebter und eifersüchtiger Gärtneretwas im farblosen Kostüm stecken. Die Damenund Herren des Turnvereins PSV 90 sorgen athletischfür ein überzeugendes Zirkusambiente. Ausdem "...süßen Pony" zwei junge Jonnys werdenzu lassen (Pablo Lastras und Emanuele Pipi),gehört zu den schönen kleinen Regie-Ideen.
Die Anhaltische Philharmonie mit Robert Hanellam Pult spielt versiert, aber nicht routiniertund mit wohltuend schlankem Klang. RobertHanell nimmt die vielen kleinen musikalischenDetails äußerst liebevoll. Ein Dirigat - wieauch die Inszenierung - in gelungener Feinzeichnung.