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Anhaltisches Theater Anhaltisches Theater: Dessau-Roßlaus Spitzentänzer geht

Von Danny Gitter 17.06.2016, 10:33
Joe Monaghan in seiner Rolle als Hutmacher in dem Stück "Alice im Wunderland".
Joe Monaghan in seiner Rolle als Hutmacher in dem Stück "Alice im Wunderland". Claudia Heysel

Dessau-Roßlau - Wie der Sonntag für ihn sein wird, wenn der letzte Vorhang fällt?

Ein bisschen schizophren, aber für einen Künstler durchaus normal. Zum letzten Mal wird Joe Monaghan am 19. Juni ab 17 Uhr auf der großen Bühne des Anhaltischen Theaters stehen und in Béla Bartóks Tanzstück „Der wunderbare Mandarin“ den Mandarin tanzen.

Dann ist Schluss nach sieben Spielzeiten auf dieser Bühne. „Ich gehe auch dieses Mal da raus auf die Bühne wie immer. Schlüpfe in diese Rolle und blende die Emotionen drumherum aus“, erzählt der Ballett-Tänzer am Rande des Theaterstammtisches im Restaurant „Plan B“ am Mittwochabend. So weit, so professionell könnte man meinen.

Tränen zum Abschied?

„Doch eigentlich bin ich das nicht. Es ist mir fremd, Emotionen auszublenden, sei es auf der Bühne oder anderswo, weil ich ein sehr emotionaler Mensch bin“, fährt er fort.

Deshalb kann der 31-Jährige auch für nichts garantieren, wenn er diesmal die Rolle des Mandarin abgelegt hat. Vielleicht wird er Tränen vergießen. Vielleicht wird er lachen. Vielleicht auch beides.

Fest steht, dass es für ihn nicht so weiter gehen wird, wie bisher. Monaghan, geboren 1984 im englischen Leeds, hätte noch ein paar gute Jahre als Tänzer im Ballett-Ensemble des Anhaltischen Theaters haben können. „Die Zeit ist reif für was Neues“, sagt er aber.

Shakespeare ruft

An einer englischen Fernuniversität hat Monaghan vor kurzem einen Abschluss in Shakespeare-Wissenschaften gemacht. Mit fast allen erdenklichen Einflüssen und Wechselwirkungen der Werke des größten englischen Literaten auf die Gesellschaft im Allgemeinen, die Literatur, Kunst, Musik und das Theater im Besonderen, hat er sich beschäftigt.

Damit möchte der Engländer, der seit über zehn Jahren in Deutschland wohnt, zukünftig seine Zeit verbringen. „Was es genau sein wird, kann ich noch nicht sagen“, so Monaghan.

Im Juli geht es erst einmal nach Venedig zu einer Shakespeare-Konferenz. „Dort möchte ich sondieren, welche Projekte ich anschieben könnte“, erzählt er. Theater, Literatur, Forschung - der Tänzer ist offen für alles. Von Berlin aus, will er sein neues Leben koordinieren.

Verbindung zu Dessau bleibt

Doch aus Dessau geht er nicht ganz fort. In der nächsten Spielzeit erarbeitet er für die Operette „Lady Hamilton“ die Choreografie.

Damit ist auch das Band zu seinem Mentor und Förderer Tomasz Kajdanski nicht ganz getrennt. Als Monaghan 2004 seine Tanzausbildung in London abgeschlossen hatte, war es eine Dozentin, die ihm den Kontakt zum heutigen Dessauer Ballettdirektor vermittelte.

Kajdanski, damals am Landestheater Eisenach tätig, engagierte ihn sofort. „Da war so viel Potenzial in ihm, große Rollen zu tanzen“, erinnert sich der Ballettdirektor. Und Monaghan enttäuschte nicht. Unter anderem in „Peer Gynt“ und „Mendelssohn Skizzen“ begeisterte der Engländer das Thüringer Publikum.

Da war es keine Frage, dass Kajdanski eines seiner größten Talente mit ans Anhaltische Theater nach Dessau brachte. In zahlreichen Rollen konnte Monaghan auch hier das Publikum überzeugen.

Am liebsten erinnert er sich an seine Titelrolle in „Amadeus“ oder auch an seine Auftritte als Hutmacher in „Alice im Wunderland“. „Ich wollte ein Leben als Bohemien, der viel Kunst und Muse um sich hat, führen und habe es in Dessau gefunden“, sagt der Balletttänzer zum Abschied. (mz)

Joe Monaghan verabschiedet sich.
Joe Monaghan verabschiedet sich.
Lutz Sebastian